Motorrad fahren - wann ist man »gut« darin?

  • #51


    Nö, nicht mal auf der Rennstrecke!
    Aber es gibt auch das andere Extrem in Form derer, die das "Können" und oft auch ihre moralische Überlegenheit daran fest machen, dass sie immer so vorausschauend und vorsichtig fahren, dass sie angeblich niemals in brenzlige Situationen kommen. Wenn die dann noch missionarisch tätig werden und gleichzeitig behaupten, sie könnten die Reserven ja jederzeit abrufen und wären deshalb besonders gut und sicher unterwegs dann wird mir schwindelig vom Kopfschütteln.
    Was man nicht übt kann man auch nicht. Und zum Können gehören nun mal Fähigkeiten UND Fertigkeiten.
    Maulhelden gibt es halt auf beiden Seiten. Eine weiterer Punkt, der einen guten Fahrer ausmacht ist die Aussagen anderer filtern zu können! ;)

    "Das Widerlegen von Schwachsinn erfordert eine Größenordnung mehr Energie als dessen Produktion."

    (Brandolinis Gesetz, auch Bullshit-Asymmetrie-Prinzip genannt)

  • #52

    Ein guter Fahrer gibt nichts darauf, was andere von seiner Fahrweise halten. In diesem Punkt halte ich mich tatsächlich für einen guten Fahrer: Ich muß keinem was beweisen. Das hat natürlich etwas mit Reife zu tun. Ich habe mich schon vor langer Zeit ausgetobt. So kann ich mir erlauben, meine eigenen Grenzen zu beachten.



    Gruß Michael

    Mein Durchschnittsverbrauch:

  • #53


    Das Blöde ist, dass beide Extreme nichts taugen. Wer laufend die Grenze ausprobiert, wird statistisch eher früher als später mal einen Schritt zu weit gehen oder keine Reserve mehr übrig haben, wenn was unerwartetes passiert. Wenn man zu vorsichtig unterwegs ist, kracht es vielleicht irgendwann mal bei 60% dessen was die Physik hergibt, weil man ansonsten immer nur bei 30% rumeiert und keine Ahnung hat, wie weit man im Notfall gehen kann und muss.


    Richtig wäre wohl, das Grenze auslooten nicht im öffentlichen Straßenverkehr zu betreiben sondern auf der Rennstrecke, wo im Zweifelsfall kein Baum (oder Kind) im Weg steht sondern nur das Kiesbett droht und auf der Straße fährt man dann mit 60 oder 70% und hält die erarbeiteten Prozente Reserve in der Hinterhand. Ist nur leider finanziell und logistisch für viele nicht machbar, um in Übung zu bleiben sollte man das ganze ja auch noch in nicht zu langen Abständen wiederholen.

  • #54

    Meine persönliche Definition von "gut":


    Man ist gut, so lange man versucht besser zu werden. Gleichzeitig muss man seine Grenzen kennen und einhalten. Mir gefällt zB der Fahrstil von einem Varahannes, der 100.000de km ohne nennenswerte Stürze macht und trotzdem schnell ist. Wen es interessiert, es gibt ein paar Fahrtechnik Videos von ihm auf youtube.


    NC700S DCT 2012-2016|34.000 km|Ermax HRA|Pyramid Fenderverlängerung|Garmin Zumo 390LM|SW-Motech Kugelkopf für RAM Mount|Givi Sturzbügel|Givi E21 Seitenkoffer|Givi Topcasehalterung|Held Stinger Tankrucksack|Oxford Premium Sport Heizgriffe|USB|

  • #55

    Wahrscheinlich geht man als auf irgendeine Weise sportlich veranlagter Mensch anders an das Motorradfahren heran. Und wenn sich dieser Sportgedanke in Artistik und Geschwindigkeit niederschlägt, hat man wohl eine andere Einstellung zu solchen Themen wie Sicherheit und Grenzerfahrung - keine laschere, eine andere halt.
    Nehme ich mich selber her: Ich konnte Skifahren eher als Fahrradfahren. Meine ersten Ski habe ich mit 3 Jahren bekommen. So ab meinem 10. Lebensjahr war ich eine Pistensau (der Skilift liegt keine 5 Gehminuten von meinem Elternhaus entfernt). Der Abfahrtslauf war meine Lieblingsdisziplin, das ging schon ordentlich zur Sache. Elf Jahre lang (oder kurz) habe ich das jeden Winter exzessiv betrieben und bin niemals ernsthaft gestürzt, trotz sehr hoher Geschwindigkeiten.
    30 Jahre vor der Erfindung des Downhill-Fahrens habe ich mit meinen Kumpels halsbrecherische Bergab-Waldpisten angelegt, Sprungschanzen inklusive, da sind wir mit unseren selbst zusammengebastelten Schrottfahrrädern runter gefahren bzw. geflogen. Wie durch ein Wunder sind wir alle ohne größere Blessuren davongekommen, von ein paar Nahtoderfahrungen mal abgesehen (manche Dinge dürfen Eltern nie erfahren ...). Schutzkleidung? Hä?
    Später haben wir dann im tiefen Wald Zeitrennen auf Kreidler-Floretts und diversen 80ern (z.B. Yamaha DT80) verbrochen, was man halt so macht auf dem Lande.
    Im Anschluss dann das Auto: Seit 30 Jahren sportlich unterwegs, davon die vergangenen 28 Jahre unfallfrei, und der eine Unfall, den ich hatte, war ein leichter Blechschaden.
    In der Summe: Ich hatte bestimmt hier und da auch mal Glück, was mich (und andere) vor ernsthaften Schäden an Leib und Geldbeutel verschont hat (und wer hat das nicht?). Aber ich würde behaupten wollen, dass mich gerade der sportliche Grundgedanke und ja, auch eine gewisse Freude am kalkulierten Risiko um so vorsichtiger und aufmerksamer im Straßenverkehr agieren lässt. Trotzdem bin ich auf eine seltsame Weise froh, den A-Schein so spät gemacht zu haben, denn mit Anfang 20 hätte ich wahrscheinlich doch eine andere Einstellung zu dem Thema gehabt. In dem Alter war ich nämlich unsterblich ... Mir reichen schon die Erlebnisse der letzten Zeit, Stichwort "Lernkurve" ... 8-)


    Gruß
    Jörg

  • #56


    Das fällt mir in der Tat in Foren nicht immer leicht. Geschriebenes Wort ist in manchen Fällen schwierig. So wie meine Posts in diesem Thread ja teilweise auch falsch verstanden werden oder einzelne Sätze aus dem Zusammenhang gerissen werden. Das ist mir aber bereits im Vorfeld klar und ich kann damit gut leben. Wie gesagt, ich bin ja auch kein "guter" Fahrer. ;) Das dachte ich früher eine ganze Zeit lang, als ich Feierabendrunden-Rekorde aufgestellt habe und mit Stolz meine abgewetzten Knieschleifer zur Schau getragen habe. Auch heute nutze ich bei passender Gelegenheit die gesamte Lauffläche meiner Reifen. Aber ich habe schon lange eine völlig andere Sicht der Dinge. Wie kommt eine Dame nach 1500 km auf die Idee an Ihren Fähigkeiten zu zweifeln und macht sich überhaupt Gedanken? Sowas kommt oft von außen (Angststreifendebatte, Rastenschleifen etc.) und man macht sich selbst unnötig Druck.


    Langsam herantasten und ein gesundes Maß finden. Darum geht es. Meine Frau hat noch leichte Angststreifen, aber sie fährt absolut sicher und hat für die Geschwindigkeiten die sie fährt absolut noch genügend Reserven. Wie hier jemand schon schrieb - alle Extreme sind nicht das Optimale.

    Von 2016 bis 2018: Honda NC750S 2016

    Ab 2021: Honda NC750X DCT 2021

  • #57


    Mmmh. Da stellt sich mir die Frage, woran man erkennt, ein guter Fahrer zu sein - wenn nicht im Vergleich mit anderen (und folglich aufgrund des Feedbacks anderer).


    Ich habe mit mehr als 1 Mio km auf vier (und mehr) Rädern in vielen Ländern, mit abenteuerlichsten Vehikeln und vielen haarsträubenden Situationen jede Menge Erfahrung sammeln können und halte mich gleichwohl nicht für einen besonders guten Fahrer. Mir hat aber ein Fahrsicherheitstraining wirklich weiter geholfen, und zwar insbesondere das Feedback des Trainingsleiters. Seither beherrsche ich Autos deutlich besser.


    Aber auch das macht mich nicht automatisch zu einem besseren Fahrer. Es gehört einiges mehr dazu, was man insbesondere durch das Feedback anderer vermittelt bekommt. Mal hält mich meine Frau für einen sehr guten Fahrer (wenn ich beispielsweise in schwierigen Bedingungen das Auto sicher beherrsche oder eine heikle Situation gemeistert habe), mal für einen schlechten (wenn mich andere Fahrer nerven und man mir das an meiner Fahrweise anmerkt, die dann durchaus nicht frei von Aggressionen ist). Feedback relativiert: ohne die Kommentare meiner Frau würde ich mich für einen besseren Fahrer halten als mit.


    Als Moped-Frischling mit gerade mal 2.500 km Erfahrung und ersten neuen Erfahrungen ist mir bewusst, wie wichtig mir das Feedback anderer Motorradfahrer zu meiner Fahrweise ist. Drei von vier Leuten, um deren Meinung ich gebeten habe, haben mir bestätigt, dass mein Fahrstil gut sei und für einen Neuling erstaunlich flüssig - keine Probleme also. Einer war anderer Meinung: man merkt mir meine fehlende Erfahrung an, zum Beispiel beim zu vorsichtigen Kurvenfahren. Ich erhielt den Ratschlag, unbedingt ein FST zu besuchen. Ich war für diese Rückmeldung sehr dankbar.


    Ich glaube nicht, das fehlende Erfahrung einen automatisch zu einem schlechten und viel Erfahrung zu einem guten Fahrer macht. Wichtig ist, lernbereit zu bleiben. Und da ich mir selbst schwerlich etwas neues beibringen kann, bedeutet das für mich, auf andere zu hören - insbesondere die, die es gut mit mir meinen.



    Hier sind wir absolut einer Meinung.


    Greeetz, Thomas

    "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung"
    [Kaiser Wilhelm II.]

  • #58


    Was das Fahrkönnen bzw. den Fahrstil angeht sagt ein Blick auf die Reifen mehr als hundert Forumsbeiträge.
    Wobei es da nicht nur um die Breite des sog. Angststreifens geht, Reifen erzählen so viel mehr über den Fahrer ...



    Oft werden einzelne Sätze gar nicht absichtlich aus dem Zusammenhang gerissen sondern nur als Aufhänger für den eigenen Beitrag/Gedankengang genommen. Manchmal hat der Zitierende den Beitrag auch nicht verstanden oder der Zitierte beklagt sich über das angeblich sinnentstellende Zitat und merkt nicht, dass ihm gar nicht widersprochen wurde. Solange das entwurzelte Zitat nicht als Argument gegen den Autor verwendet wird sehe ich das nicht so eng.

    "Das Widerlegen von Schwachsinn erfordert eine Größenordnung mehr Energie als dessen Produktion."

    (Brandolinis Gesetz, auch Bullshit-Asymmetrie-Prinzip genannt)

  • #59


    Klär mich bitte auf. Diese Art von Reifenkunde interessiert mich (ernst gemeint).



    Klar, solange die Aussage nicht verfälscht wird, ist alles gut. Allerdings ist es manchmal auch nicht verkehrt, wenn man kurz erläutert, dass man es für einen anderen Aufhänger nutzt. Man kann sonst manches doch schon mal missverstehen. Wie gesagt, geschriebenes Wort ist nicht immer einfach.

    Von 2016 bis 2018: Honda NC750S 2016

    Ab 2021: Honda NC750X DCT 2021

  • #60

    Beides meint im Grunde dasselbe: Man fährt für sich, nicht für die anderen. Wenn einer meint, ich bin eine Lusche, weil ich meine Kurven nicht nach Radius und Asphalt, sondern nach Sicht fahre, dann ist das sein Problem und nicht meins(*).



    Gruß Michael



    (*) Was z. B. bedeuten kann, daß man theoretisch mit 100 um die Kurve käme, die Kurve aber nur 25 m weit einsehen kann. Dann sind 100 km/h viel zu viel. Nicht für jeden, aber für mich.

    Mein Durchschnittsverbrauch:

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