Motorrad fahren - wann ist man »gut« darin?

  • #11

    Hmm, ja, interessantes Thema. Ich fahre jetzt das 3. Jahr Motorrad und bin in der Zeit etwa 10.000 km gefahren. Ein Fahrsicherheitstraining habe ich auch gemacht (war quasi eine Auffrischung der Übungen, die man für den Führerschein machen muss, Notbremsen, ausweichen, langsam fahren etc.).


    Mein Fahrweise würde ich als relativ sicher aber eher gemütlich einschätzen, wobei mir da der Vergleich zu bzw. Rückmeldung von anderen Fahrern fehlt. Das Hindernis zum schneller fahren und Kurven wirklich geniessen, ist bei mir das "was ist wenn" im Kopf. Was ist, wenn hinter der Kurve ein Traktor quer auf der Fahrbahn steht der gerade auf die Straße einbiegt. Was ist, wenn mir mal wieder Auto + überholendes Motorrad auf meiner Spur entgegenkommen. Was ist, wenn auf der Straße Kies/Sand/Steinchen liegen ...


    Also fahre ich so, dass ich im Zweifelsfall im übersehbaren Bereich der Straße zum stehen kommen kann (oder zumindest fast) und jederzeit ausweichen kann bzw. nutze halt wenn möglich nur die halbe Spur aus, um dem schneidenden Gegenverkehr oder dem Überholenden genug Platz zu lassen. Wirklich viel Schräglage lässt das aber gefühlt nicht zu, wobei ich auch da schlecht einschätzen kann, wo ich stehe. Fussrasten haben noch nie den Boden berührt und die Reifen haben auch immer noch Luft zum Rand (wobei das je nach Reifen eh sehr unterschiedlich ist. Mein aktueller Roadtec hätte glaube ich noch Reserven, wenn von den Fussrasten schon nichts mehr übrig ist).


    Ohne geschlossene Rennstrecke im Privatbesitz sehe ich aber auch nicht wirklich, wo man die Sicherheit hernehmen soll. Auf öffentlichen Straßen ist man nie alleine, hat man keine Auslaufzonen und der Straßenzustand ist auch nicht bekannt und auf einem leeren gut überschaubaren Parkplatz ist bei relativ geringen Geschwindigkeiten das Limit erreicht.

  • #12

    Meine Frau fuhr von Anfang an recht souverän mit einer 210 Kilo Maschine. Sie hat sich auch nie Druck gemacht, warum auch? Ziemlich am Anfang kam an einem typischen Motorradhaltepunkt ein Angststreifenkritisierer auf sie zu und wollte sie belehren. Das wäre ein Zeichen, dass man nicht sicher unterwegs wäre, zu wenig Reserven in Gefahrensituationen usw. Ihre Antwort darauf war nur: "Wenn du es so nötig hast, dich vor mir als geiler Fahrer zu profilieren, dann gönne ich dir das. Erzähl mir mehr, mein Sonntagsgeschenk an dich." Ich stand grinsend daneben. Sie ist danach ganz normal gefahren und hat ihren Stiefel durchgezogen. Und das ist richtig so. Fährt top, was auch an ihrer entspannten Haltung zum Thema Motorrad lag. Sie hatte einfach unbekümmert Spaß und hat ihn sich auch nicht nehmen lassen.

    Von 2016 bis 2018: Honda NC750S 2016

    Ab 2021: Honda NC750X DCT 2021

  • #13


    Hi.
    Deckt sich mit meiner Erfahrung. Ich habe so zwischen 10-12.000 gefahrenen Kilometern den Dreh so einigermaßen raus gehabt. Ich bin anfangs sehr forsch an die Sache rangegangen, zu krass eigentlich. Was meine Fehlerquote drastisch in die Höhe getrieben und mir einige sehr gefährliche Situationen beschert hat. Ich habe dann die Notbremse gezogen und bin für eine Weile auf ein "gemütlicheres" Motorrad umgestiegen. Mein Problem ist, dass ich auf der Maschine keine Angst kenne. Ich muss mich ständig ermahnen, Respekt vor den fahrphysikalischen Eigenschaften eines Motorrads zu haben. Ich habe also ein hohes Selbstüberschätzungspotenzial.
    Meine Lernkurve ist also dergestalt verlaufen, dass ich mich mehr und mehr in Zurückhaltung üben musste. Einfach ruhiger werden, nicht ständig die Ideallinie anpeilen, zähen Verkehr erdulden, Provokationen vermeiden und aushalten, allgemein Gefahrenpotenzial besser einschätzen lernen. In all diesen Dingen kommt mir die X sehr entgegen. ;)


    Gruß
    Jörg

  • #14


    Wow ... Du hast die Sachlage ziemlich genau erfasst. Mir ist natürlich klar, dass der Umgang mit dem Motorrad eine rein individuelle Geschichte ist, gerade deshalb bin ich ja an den sehr persönlichen Erfahrungen interessiert, natürlich auch an Tipps. So betrachtet, habt ihr mir schon interessante Einblicke geben können, vielen Dank dafür!


    Was Du über das unterschiedliche Fahr- bzw. Lernverhalten von Männern und Frauen sagst, trifft zumindest bei meiner Frau und mir zu. Wie ich gerade weiter unten (oder oben) schrieb, war ich anfangs viel zu krass unterwegs, alldieweil meine Frau noch vor jeder zweiten Kurve in Schockstarre zu verfallen scheint ... Sie macht ja auch Fortschritte. Es sind halt viele kleine Schritte, aber auch die machen sie glücklich, und das ist wohl die Hauptsache. Und im Übrigen hält es sie genauso, wie es Winkante von seiner Angetrauten beschrieben hat: beste Einstellung! ;)


    Dein Tipp mit der kleineren Maschine ist absolut überdenkenswert! Aus der Perspektive habe ich das noch gar nicht betrachtet. Ich werde sie gleich mal fragen, was sie von dieser Idee hält. Allerdings, die S ist ihr doch schon sehr ans Herz gewachsen ...


    Gruß
    Jörg

  • #16


    Dieser Sinn für Katastrophenszenarios geht mir vollständig ab. Auf der anderen Seite bin ich ein sehr fokussierter Fahrer, und als solcher rechne ich ständig mit allem und das jederzeit. Auch damit, dass über mir eine Ente im Flug einen Herzinfarkt erleiden könnte. Die Phantasie ist da ausgeschaltet, es geht um Reaktion und Reaktionszeit. Das gilt nicht nur bei sportlichen Attacken, sondern auch beim ganz normalen Cruisen. Wenn eine wie auch immer geartete Situation eintritt - und genau dann - versuche ich darauf zu reagieren. Nach Möglichkeit richtig ... Wenn meine Frau nicht gerade auf dem Motorrad sitzt, ist sie eine sagen wir mal handfeste Person. Sitzt sie aber drauf, entwickelt sie ähnliche Szenarien, wie Du sie beschrieben hast, und zwar am laufenden Band. Ich kenne das. So geht's mir, sobald ich in ein Flugzeug steige ... :shock:


    Gruß
    Jörg

  • #17


    Ja natürlich, ich hatte und habe so meine Schwierigkeiten, da ist nicht alles eitel Sonnenschein. Und zwar in einem genau umgekehrten Verhältnis. Aber ich bin durchaus fähig zur Selbstreflektion. ;)
    Ich will auch keinesfalls zum Ausdruck bringen, meine Frau hätte ein wirkliches Problem. Sie aber glaubt, sie hätte eines, und diesen Zahn würde ich ihr gerne ziehen. Und in dem Zusammenhang ist für mich interessant, was andere Leute so für Erfahrungen gesammelt haben in ihrer Beginnerphase. Ich selbst bin da bestimmt kein gutes Beispiel, zumal meine Frau als Noch-Nicht-Fahrerin nur mich als Maßstab gehabt hat (auch aus der Sozia-Perspektive).


    Gruß
    Jörg

  • #18

    Tja, wann ist man gut im Motorrad fahren?
    Da stellt sich mir die Frage. Was ich gut?
    Das ist für jeden doch was andereres.
    Für den Einen wenn er schnell fahren kann, für einen Anderern wenn er die Rasten schleifen lassen kann,.........


    Wenn ich weiterhin "unfallfrei" überall Hin und wieder Zurückkomme bin ich nicht schlecht gefahren und/oder hatte auch etwas Glück.


    Gruß Frank,
    der im Alter viel ruhiger fährt, als früher als er noch jung war.

    Vorsicht, meine Beiträge können, nicht gekennzeichnete, Ironie enthalten.


    Es gibt Tage da verliert man und Tage da gewinnen die Anderen. :D

    Einmal editiert, zuletzt von Frank 128 ()

  • #19

    Manchmal hilft auch simples Loben und Ermutigen, Geduld haben und ausstrahlen. 1500 km ... das ist wirklich nichts. Alles wird gut.

    Von 2016 bis 2018: Honda NC750S 2016

    Ab 2021: Honda NC750X DCT 2021

  • #20

    was ist ein guter fahrer : gleichmässig "flüssig" fahren oder : in den Kurven trennt sich der Spreu vom Weizen...ganz einfach.... in den Geraden kann jeder Idiot am Kabel ziehn....um sein Unvermögen von den Kurven wieder wett machen zu können besonders , wenn einige Galopper unterm Ar... werkeln...

    Physik ist nur trocken , wenn der Tank leer ist

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