Ketten-Öl "biologisch abbaubar" ?

  • #1

    Hallo,

    angeregt durch den Hinweis, dass manche Foristen biologisch abbaubares Ketten-Öl an ihrem Oiler (automat. Ketten-Öler) verwenden, habe ich mich kundig gemacht. ich versuchte es.

    Ich hatte den Verdacht, dass der Begriff "biologisch abbaubar" missbraucht wird.

    Er verführt den Anwender zur Sorglosigkeit und verhindert ein schlechtes Gewissen.

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    Meine bisherigen Kentnisse sind mehr als mangelhaft. Ich weiß jedoch:

    - ein Tropfen Öl kann 1000 Liter Trinkwasser versauen;

    - Öle in Trafos, auf Flugzeugträger und im Bergbau sind hochgiftig. Sie enthalten Zusätze, die die Brennbarkeit herabsetzen;

    - "biologisches Abbauen" ist die Zersetzung von Stoffen, mit Hilfe von natürlichen Stoffen (Bakterien, Viren, Fermenten, Pilzen, Hefen)

    - Stoffe können sich auch durch physikalisch/chemisch Prozesse zersetzen. Sauerstoff, Druck und UV-Licht können das bewirken.

    - Radioktive Strahlung schwächt sich von allein ab. Das Mass hierfür nennt sich Halbwertzeit. Atomare Endlager müssen deshalb 200.000 Jahre beständig bleiben.

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    Bei der intensive Suche nach Antworten auf die Frage " Wie wird Ketten-Öl "biologisch abgebaut" :?: " wurde ich nicht fündig.

    Es wird u.a. angegeben, dass diese Öle sich unter Einwirkung von Luft-Sauerstoff zu 80% zersetzen. Also würden sich 20% des Öles nicht zersetzen.

    Das wäre dann eine nur teilweise chemische Zersetzung. Wäre es eine biologische Zersetzung, dann könnten auch Stahlbrücken biologisch abbaubar sein.

    Das Zersetzung-Produkt heißt dann Rost.

    Dringt das biologisch abbaubare Ketten-Öl mit dem Regenwasser in das Erdreich, so fehlt dann der notwendige Luft-Sauerstoff für die Zersetzung.

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    Pflanzliche Öle haben nur eine eingeschränkte Haltbarkeit und eine geringe Schmierwirkung. Sie werden ranzig und dann für Firnis verwendet (z.B. Leinöl-Firnis).

    Wie sich Öle aus Pflanzen (Leinensamen, Raps, Sonnenblumen, Oliven, Kürbiskernen, Hanf, Nusskern) im Erdreich verhalten, weiß ich nicht.

    Wenn diese Öle biologisch abbaubar wären, dann wäre auch meine Zigaretten-Kippe biologisch abbaubar.

    Tabak ist eine Pflanze. Das Umhüllungspapier wird aus Holz hergestellt. Der Viskose-Filter besteht aus gereckten (volumenaktivierter) Viskose-Faser.

    Die Volumen-Aktivierung wird durch Azeton fixiert. Das Azeton wird während des Herstellungsprozesses durch Hitze ausgetrieben.

    Viskose zersetzt sich viel langsamer als Papier und Tabak. Es zersetzt sich aber.

    _______________________________________

    Wer kann mich als notorischen Bedenkenträger entlarven ? Wer weiß es besser oder weiß mehr ?

    Ich glaube, der Begriff "Biologisch abbaubar" ist eine Lüge. Wir, als Anwender, glauben dieser Lüge viel zu gern.


    Reinhard


    PS.

    Einer, der das als zu viel Text empfindet, sollte beachten:

    Diesmal sind es statt 25 Zeilen nur 23 Zeilen. Ich bemühte mich um Kürze. :)

  • #2

    Nein, ist keine Lüge. Biologisch abbaubares Öl bedeutet, dass es mit der Zeit durch Mikroorganismen zersetzt wird. Entscheidend ist lediglich dass es abgebaut wird. Wie lange der Zersetzungsprozess dauert, spielt dabei keine Rolle.


    Das ist ernüchternd, ja. Eine Lüge jedoch nicht.

  • #3

    Hallo MROH,

    so wie du, verstehe ich den Begriff "Biologisch Abbaubar" auch.

    Er suggeriert, dass nach einer gewissen Zeit die Abbauprodukte unschädlich sind.

    Im Intenet fand ich, dass 80% dieses Öl's mit Hilfe des Luft-Sauerstoffes "biologisch abgebaut" wird.

    Wird also dieses Öl mit dem Regenwasser in's Erdreich gespült, so fehlt dann der Luftsauerstoff für das "biologische Abbauen".

    Welche Abbau-Produkte entstehen ? Sind diese unschädlich ? Das wird nicht beantwortet.

    Ich weiß, dass Öle auch durch Bakterien abgebaut (zersetzt) werden können.

    Wär das so einfach, dann gäbe es längst kein Erdöl auf dieser Erde.

    Die Bakterien hätten Millionen Jahre Zeit gehabt.

    Ich weiß, dass die Abluft von Industrie-Anlagen durch Bakterien-Stämme geruchs-neutralisiert werden kann.

    Heidekraut wird z.B. großflächig mit Bakterien-Stämmen belegt. Die Gerüche sind dann Nahrung für die Bakterien.

    Wird zuviel oder zu wenig Geruch eingeleitet, dann sterben die Bakterien. Nach einer gewissen Zeit wollen sie nicht mehr "fressen".

    Deshalb müssen die Bakterien zyklisch ausgetauscht werden.


    Reinhard

  • #4

    reinglas wenn es um dieses eine Öl geht, dann wird es so sein, wie Du sagst.


    Eine offensichtliche Lüge würde ernste Konsequenzen nach sich ziehen. Daher müsste man das bei jedem Produkt genau prüfen. Dass da absatzfördernde Beschönigungen eingesetzt werden, ist zumindest nicht abwegig.

    War gut.

  • #5

    Wenn es in Relationen gesetzt wird, sind die Restprodukte der Raffinerien Teer, die zu Asphalt verarbeitet werden.

    In D gibt es über 400.000 Km asphaltierte Straßen, 10-mal um die Welt. Was tut da Kettenöl vom Möppi zu bei.


    Öl entsteht auch durch Bakterien. Wird Öl nicht genutzt, dann reißen diese Mega Ölblasen irgendwann durch Kontinentalplatten-Verschiebungen auf und ergießen sich in kurzer Zeit in die Weltmeere oder über Land.

    Ist es da vielleicht sinnvoller, dies kontrolliert zu verarbeiten?


    Tolles Thema,


    für heute genug, Fritz

    Wir haben das große Glück , das wir in genau jenem erdgeschichtlichen unfassbar kurzem Zeitraum leben , in dem es uns vergönnt ist , Verbrennungskraftmotoren zu benutzen.
    ( M. Perscheid)

  • #6

    Hallo aus Lemgo,


    interessantes Thema.

    Ich zitiere einmal "MROH"

    "Nein, ist keine Lüge. Biologisch abbaubares Öl bedeutet, dass es mit der Zeit durch Mikroorganismen zersetzt wird.

    Entscheidend ist lediglich dass es abgebaut wird. Wie lange der Zersetzungsprozess dauert, spielt dabei keine Rolle."


    Genau da liegt der Hase im Pfeffer.

    Wer hatte Einfluss bei der Festlegung bzw. Definition ab wann ein Öl als biologisch abbaubar gilt? Jeder der sich etwas

    mit Politik beschäftigt weiß wie der Lobbyismus national und gerade im EU-Parlament und dessen Fachausschüssen

    Gesetzesvorlagen und Vorschriften bis zur Unkenntlichkeit verwässert.


    Aktuelles Beispiel "Glyphosat", das Zeug ist toxisch. Jede Menge Insekten und gerade Bienen sterben reienweise an

    dem Zeug bzw. verlieren ihren Orientierungssinn. Es ist schon lange bekannt das Schädlinge nach ein paar Jahren immun

    gegen Glyphosat sind und die Dosen von den Landwirten erhöht werden bzw. diese dann andere Mittel spritzen die

    sie wiederum von der Industrie abhängig machen. (Für die Industrie läufts!)


    Was ist trotz des Wissens um die Wirkung von Glyphosat (für den Kleingärtner auch als RoundUp zu erwerben) geschehen?

    Ich zitiere das BMEL:

    "Daraufhin hatte die EU-Kommission allein über die Wiedergenehmigung zu entscheiden. Sie veröffentlichte am 28. November 2023

    die Durchführungsverordnung zur Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat um 10 Jahre. Der Wirkstoff ist nun bis zum

    15. Dezember 2033 EU-weit genehmigt."


    Na prima, da haben die bei Monsanto (Bayer) sicherlich erst einmal ein Fass aufgemacht. :obscene-drinkingcheers:
    Ich habe das Ganze stark verkürzt sonst würde ich den Rahmen komplett sprengen aber im Fall "Glyphosat" trifft das

    geschriebene schon des Pudels Kern.


    Hier noch ein Textauszug von Chemie.de der etwas Licht ins Dunkel zum Thema "ölfressende Bakterien" bringt:

    Erdölfressende Bakterien

    (dpa) Große Mengen des Öls im Meer strömen aus natürlichen Quellen aus. Auf diese Zufuhr hat sich die Natur schon lange eingestellt. Erdöl zersetzende Bakterien sind bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts entdeckt worden. Inzwischen sind mehrere hundert Arten bekannt, die im Meer, in Seen, an Stränden und im Boden leben. Im riesigen Heer der Bakterien bilden sie allerdings nur eine kleine Untergruppe von Spezialisten.

    Ihnen gelingt mit einem einfachen Trick, die eigentlich unverdaulichen Kohlenwasserstoffe im Erdöl zu verdauen. Sie heften Sauerstoffatome an diese Kohlenstoffketten. Dadurch entstehen aus dem Öl Fettsäuren, die die Bakterien verzehren können. Im Labor lässt sich beobachten, wie ein Ölfilm innerhalb weniger Tage erst in kleine Inseln zerreißt und dann die Öltropfen mit der Zeit verschwinden.

    Die Bakterien benötigen jedoch Mineralsalze und Sauerstoff, die vor allem im Wasser nur in geringen Mengen vorhanden sind. So liegt der Sauerstoffanteil bei rund 7 Millilitern in einem Liter Wasser. Um 0,2 Milliliter Erdöl zu zersetzen, brauchen die Bakterien nach Berechnungen des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen den Sauerstoff aus 80 Litern Wasser.

    Die Bakterien stoßen an ihre Grenzen, wenn sie eine große, geschlossen Ölfläche vor sich haben oder Teerklumpen am Strand. Dann finden sie nur schwer Angriffsflächen. Die Zersetzung kann sich dann verzögern, bei Teerklumpen dauert sie oft Jahrzehnte


    Noch kurz etwas zum Öl:

    Je länger die Kohlenwasserstoffketten sind, was gerade bei vollsynthetischen Ölen der Fall ist, je schwerer ist deren Zersetzung.

    Ein gutes Öl besteht erst einmal aus einem mineralischen bzw. einem teil oder vollsynthetischen Grundöl das die Raffinerien an

    den Motorölhersteller liefern. Problematisch sehe ich hier die Additive die aus einem Grundöl erst ein spezifisches Motor oder

    Kettenöl machen. Diese können heute regelrecht am Computer designt werden und einen ganz speziellen Zuschnitt bekommen.

    In wie weit diese Additive gut von der Natur (Sauerstoff, Bakterien) abgebaut werden können und wie lange das dauert wird uns

    wohl keiner beantworten können bzw. wollen.

    Dumm gelaufen, wir sind von der Plörre immer noch abhängig.


    Gruß aus Lemgo, Thomas :boywink:

  • #7

    Meine Meinung dazu: Beim Motorrad achtet man darauf, dass alles Dicht ist und kein Öl auf den Boden tropft. Warum sollte man einen Ölverlust durch einen Kettenöler bewusst hervorrufen? Moderne Kettensprays sind sehr stark haftend und haben eine super Schmierwirkung (ich verwende S100 Kettenspray).

    Deshalb würde ich keinen Kettenöler verwenden. Auch nicht mit einem „biologisch abbaubaren“ Öl. Das halte ich für eine Mogelpackung. Es sei denn, man kann mit einem Kettenöler reines pflanzliches Öl verwenden (Raps, Sonnenblumen, Oliven, etc.). Das habe ich aber noch nie gelesen, dass so etwas geht.

    Four wheels move the body. Two wheels move the soul.

  • #8

    Meines Erachtens ist bereits die Freizeitnutzung eines Motorrades mit Verbrennermotor oder mit Akkubetrieb eine ökologische Mogelpackung.


    Insofern halten sich meine Gewissensbisse bezüglich der Nutzung eines konventionellen Öls in einem Öler in starken Grenzen.

  • #9

    Hallo,


    ich verwende den CLS Kettenöler. Bei meiner Einstellung wird ca. alle 8 Minuten ein kleiner Tropfen Öl auf das Kettenblatt abgegeben. Beim Kauf des Ölers war ein halber Liter Öl dabei. Laut Hersteller reicht das für ca. 100.000 Km (einhunderttausend). Ich glaube, mit den Kettensprays wird ein vielfaches davon in der Zeit an die Umwelt abgegeben.


    Lorenz

  • #10

    Hallo Lorenz,


    du hast vollkommen recht, irgendwo bleibt auch das von mir aufgetragene Kettenfett. Ich kann dir beim besten Willen

    nicht sagen wo es bleibt und in welcher Form es sich verflüchtigt, ob fest, flüssig oder gasförmig.


    Ich kann "MROH" nur zustimmen wenn er sagt:
    "Meines Erachtens ist bereits die Freizeitnutzung eines Motorrades mit Verbrennermotor oder mit Akkubetrieb eine ökologische

    Mogelpackung. Insofern halten sich meine Gewissensbisse bezüglich der Nutzung eines konventionellen Öls in einem Öler in

    starken Grenzen."


    Man darf nie die Größenordnungen einer "Sauerei" aus den Augen verlieren. Diese Minisauerei ist bei der Zahl der Motor-

    räder die in Deutschland zugelassen sind zu vernachlässigen. Allein die undichten Ölwannen, Differenziale, Halbwellen,

    Kühler etc. an unseren Autos haben mengenmäßig eine ganz andere Dimension und werden schweigend hingenommen.


    Allein die kleinen und großen Sauereien die im Namen unseres Wohlstands in Entwicklungsländern und Schwellenländern,

    in denen es keine Umweltvorschriften gibt, gemacht werden haben ganz andere Dimensionen.


    Aber wie ich oben schon zitierte gibt es ja fleissige Helferlein die beim Abbau von Kleinstmengen an Öl wohl recht effektiv

    sein können.


    Ich erinnere mich noch an die 70ger wo ein Öltanker die "Braer" an der schottischen Steilküste leckgeschlagen und teilweise

    versunken ist. Damals hatte man noch keine genaue Erklärung dafür wohin sich die ca. 60.000 Tonnen Rohöl hin verflüchtigt

    hatten. Mittlerweile weiß man das die Hauptarbeit Bakterien und Mikroorganismen übernommen haben.


    Ich will sagen wir sollten uns der verschwindend kleinen Dimension unsere "Umweltsünde" bewusst sein. Das was aus dem

    Auspuff kommt ist ein viel größeres Problem. Unser Generation ist wohl die letzte die noch mit einem blauen Auge davon

    kommt. Die Generation unserer Enkel wird mit Problemen konfrontiert werden die wir uns noch nicht eingestehen wollen.

    Wer macht beim Lebensstandard schon gerne Abstriche?

    "Business as usual" Augen zu und durch, traurig aber wahr.


    In dem Sinne,


    Gruß aus Lemgo, Thomas :boywink:

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