1500km mit der Integra - mein persönlicher Test

Mit „der“? Oder lieber doch mit „dem“?. Und überhaupt und sowieso!? Was ist denn diese Honda überhaupt? Ein Motorrad? Oder doch ein Roller? Beides!
Geschrieben ist schon viel über Hondas ungewöhnliches Zweirad, meine Meinung zur Integra ist eindeutig! Just in dem Moment in dem mir, nach 35 Jahren Motorrad, meine 4 Zylinder mit ihren 136PS und ihren 300kg zu viel, zu stark, zu schwer – irgendwie überflüssig vorgekommen sind, da treffe ich auf diese Honda die mir sagt „Hey! Brauchst Du alles nicht! Zum Spaß am Motorradfahren reichen auch 670ccm und 52 PS!“ Was soll ich sagen, die Integra hatte Recht!
So habe ich mich denn, mit überraschend leichtem Herzen von meinen Altlasten getrennt und mir „meine“ Integra geholt. 19.900km gelaufen, Ez. 2012, mit Topcase. Die neuere NC750D hatte ich zuvor Probe gefahren und ich kann Herby aus dem Forum nur zustimmen. Die 700er fühlt sich irgendwie „harmonischer“ an. Zudem hat sie noch das „Combined“-Bremssystem. Freilich war sie darüber hinaus auch noch wesentlich günstiger zu haben.
Der Motor
Nach meiner ersten, ausgiebigen „Probefahrt“ mit meiner NC700D wusste ich, das „D“ muss für „Diesel“ stehen. So fühlt sich das für jemanden an, der von vier Zylindern und 1100ccm auf die Honda umsteigt. Aber in Verbindung mit dem famosen DCT-Getriebe hat mir dieser Motor fortan ein permanentes Grinsen ins Gesicht gezaubert. Es passt einfach alles. Flott geht (okay, wirklich schnell jetzt nicht) aber wirklich flott. Überholmanöver? Kein Problem! Einfach am Hahn gezogen und schon marschiert die TDi unter den Zweirädern mächtig nach vorn (da ist schon wieder dieses Grinsen…). Das macht einfach Spaß! Kommod geht auch! Ist, für mich, wohl auch ihre Paradedisziplin. Schon nach einer Woche mit der Integra wollte ich zwei Dinge nicht mehr: 1. Schalten 2. Schnell fahren.
Und so bewegen wir uns zu 90% im „D“-Modus und das ist nicht nur mega entspannend sondern auch ungemein sparsam. Ich komme im Schnitt auf 3,13l/100km. Den „S“-Modus benutze ich, wenn ich mal auf der Autobahn unterwegs bin, was aber selten vorkommt. Den manuellen Modus benutze ich so gut wie gar nicht.
Nachteile? Nein, dieser Motor hat für mich keine. In Verbindung mit dem DCT-Getriebe absolut toll!
Das Fahrwerk
Schon beim Anblick der 17-Zoll-Räder mag mir das Wort „Roller“ so gar nicht mehr über die Lippen kommen. Die Gabel mit ihren 41er Standrohren und die Kastenschwinge tun ihr übriges. Das ist ein lupenreines Motorrad Fahrwerk. Und das spürt man beim Fahren sofort. Richtungsstabil, niemals nervös durcheilt die Integra auch schnell gefahrene Kurven und vermittelt zur jeder Zeit ein beruhigendes Gefühl der Sicherheit. Dabei kommt der Komfort nicht zu kurz, wenngleich ein verstellbares Zentralfederbein an der Hinterhand das Tüpfelchen auf dem i wäre. Und die Telegabel kommt nur bei ganz kurzen Stößen an ihre Grenzen. Die könnte sie nämlich ruhig etwas diskreter vom Fahrer fernhalten. Insgesamt ist das Fahrwerk der Integra tatsächlich das eines „richtigen“ Motorrades.
Nachteile: Teleskopgabel könnte sensibler auf kurze Stöße ansprechen, hinteres Federbein nicht verstellbar.
Die Bremsen
In Verbindung mit dem „CBS“-System gehören die ABS-unterstützen Einscheibenbremsen zu den besseren Motorradbremsen. Jederzeit liefern sie die nötige Verzögerung um die Fuhre sicher zum Stillstand zu bringen. Die Dosierbarkeit ist gut, die Hebelkraft nicht groß. Gifitgkeit ist ihnen fremd und das ist auch gut so. Passt gut zum Gesamtkonzept des Fahrzeuges.
Nachteile: Keine
Ausstattung/Sitzposition
Die Integra hat zwar ein Helmfach unter der Sitzbank, ein richtiger Helm geht da aber nicht rein. Dafür meine kompletten Regenklamotten. Die man aber kaum braucht denn auf der Integra wird man, auch bei stärkerem Regen kaum nass. Vorwärtsbewegung vorausgesetzt. Das finde ich mal richtig gut gelöst. Auch der Windschutz ist, angesichts der eher kleinen Scheibe, überraschend gut. Der Wunsch nach einer größeren Scheibe ist bei mir noch nicht aufgekommen. Auch die Beine und Füße bleiben trocken und vom Wind größtenteils verschont. Ich habe aber Handprotektoren von Givi nachgerüstet. Auf kalte Hände habe ich keine Lust. Unter der Sitzbank findet sich übrigens auch eine 12V Steckdose. Nicht schlecht. Das Staufach in der Verkleidung hätte größer sein können und die 12V Steckdose hätte ich dann dort untergebracht. Das Zündschloß ist allerdings für mich ein Quell ständigen Ärgernisses. Manchmal will der Schlüssel partout nicht in’s Schloß. Und manchmal ist bei mir mindestens zweimal am Tag.
Die Sitzposition ist gut, ich bekomme meine 190cm Körpergröße gut sortiert untergebracht. Auf dem Sozius hat noch niemand Platz genommen, sehr komfortabel für längere Touren scheint dieser aber nicht zu sein. Das Sitzbrötchen fühlt sich schon recht hart an.
Die Fahrersitzbank bietet allerdings keine Abstützung im Lendenwirbelbereich. Die Neigung nach hinten zu rutschen und dadurch den Rücken im sensiblen unteren Rücken dann nach hinten zu wölben ist groß. Da muss der Sattler ran‘ denn die Zubehörsitzbänke scheinen mir dieses Problem auch nur inkonsequent zu lösen. Bei mir sind Probleme im LWS-Bereich aber vorprogrammiert.
Licht und Blinker sind hell und gut sichtbar, eine Warnblinkanlage ist serienmäßig. Warum die Zündung eingeschaltet sein muß um diese zu betätigen ist mir allerdings ein Rätsel.
Die Hupe! Ja, hupen tut’s auch, vor allem wenn man abbiegt!! Wie blöd die Anordnung des dicken Hupenknopfes über dem, viel filigraneren Blinkerschalter ist kann und will ich hier nicht näher ausführen. Zu blöd einfach wenn man jeden Abbiegevorgang durch Hupen ankündigt. Man gewöhnt sich zwar dran und mit etwas Routine passiert’s dann auch nicht mehr so oft, aber trotzdem! Bitte ändern Honda.
Ökonomie
Wie jetzt? Ökonomie? Bei einem Motorrad? Ja! Unbedingt. Die Integra benötigt nämlich kaum 3,5l Superbenzin und bietet sich somit als alternatives Fahrzeug für den täglichen Weg zur Arbeit geradezu an. Und mit dem serienmäßigen Kat sind die Schadstoffwerte bestimmt auch echt niedrig. Das ist ein Argument das unbedingt hierher gehört.
Fazit:
Ja, die Integra hatte Recht! Das Konzept aus Roller und Motorrad mit 52PS und DCT-Getriebe kam für mich im rechten Augenblick. Ich habe wieder Spaß am Motorrad fahren und das auf einem Fahrzeug das nicht wenige als „Roller“ bezeichnen. Und all denen Bikern die beim Entgegenkommen sogar die Grußhand verschämt zurückziehen kann ich nur dringend ein Zitat von Det aus der TV-Serie „Grip-Das Motormagazin“ entgegenschmettern. „Probefahrt!“