Im Zusammenhang mit den "Angststreifen" und dem dort eingestellten Link hier im Forum zu einem Menschen, der sich nicht nur damit, sondern auf seiner Seite auch ausführlich mit einer Anleitung zum "Hanging off" befasst, möchte ich die Frage in die Runde stellen, wie Ihr zum Hanging off steht. (Auch, wenn Ihr keine Altbierfässer auf dem Rücksitz montiert habt und auf dem Weg nach Bebra seid. )
So nett der Beitrag ist - ob die Anleitung fachlich richtig ist, kann ich nicht beurteilen - so sehr erhebt sich die Frage, ob wir das Hanging off im normalen Straßenverkehr wirklich brauchen.
Natürlich verringert es die Schräglage, wenn ich das Körpergewicht zur Kuveninnenseite hin verlagere. Die heute vielfach verbauten deutlich breiteren Hinterreifen benötigen mehr Schräglage bei gleicher Geschwindigkeit, um die Kurve zu meistern, als schmale Reifen. In der Konsequenz heißt das, dass jemand mit schmalen Reifen Kurven auch schneller fahren kann, da er später mit Anbauteilen auf der Straße ankommt als die Superrenner mit ihren breiten Reifen. Von der Aufstandsfläche, bzw. dem Unterschied derselben zwischen breiten und schmalen Reifen wollen wir jetzt mal nicht reden.
Um also zügig durch die Kurve zu geraten, bleibt modernen Fahrern moderner, PS-starker Maschinen, wenn sie sich nicht lächerlich machen wollen, nur noch das Hanging off? Ist gar für uns NC-ler das Hanging off inzwischen auch notwendig, denn der Hinterreifen der NC ist ja schon um einiges breiter als z. B. der einer R 100 R oder einer Deauville oder ähnlicher Maschinen?
Wenn ich mir das Video ansehe und die dort vorgemachte Hampelei auf dem Motorrad vor Augen führe, die ich jedesmal veranstalten muss, um "offgehängt" sauber durch die Kuve zu kommen, so wird mir ganz komisch. Wenn vor der Kurve die Rumrutscherei von Mitte des Sitzes nach rechts oder nach links erledigt ist, kommt in der Kurve wenig Unruhe ins Fahrwerk. Das haben wir dann vor der Kurve schon hinter uns gebracht. Aber die Unruhe war trotzdem erstmal da, es soll mir keiner erzählen, es bliebe alles völlig ruhig, wenn er auf dem Motorrad herumturnt, egal ob in der Kurve oder auf der Geraden.
Nun hängen wir also in einer Linkskurve mit dem Hintern schön weit raus, dem Knie fast oder ganz auf der Straße, konzentrieren uns darauf, uns das Knie nicht anzuschlagen - ja, ich weiß, mit den modernen Hochleistungsknieschleifern wird alles absorbiert - und sind stolz darauf, zwei Kilometer schneller durch die Kurve geflitzt zu sein.
Abgesehen von der in Hochleistungssport ausartenden Turnerei, die wir absolvieren müssen, sollten wir auf eine Straße geraten sein, die mit Links-Rechts-Kurvenkombinationen nicht geizt, was passiert eigentlich, wenn wir mit dem rechten Fuß die Bremse erreichen müssen? Müssen wir nicht, weil wir sowieso nur mit der Vorderradbremse bremsen, in Kurven schon ganz bestimmt? Was passiert, wenn in der Kurve, die wir so hängig durcheilen, ein Hindernis auftaucht? Und damit meine ich nicht unbedingt einen auf die Straße ragenden Holztransporter, dessen Fahrer ein Zigarettenpäuschen macht, sondern einfach nur einen Kuhfladen oder Steine des Randstreifens, die ein etwas hastiger Autofahrer auf die Fahrbahn geschafft hat? Was mache ich, wenn ich, quasi "auf der letzten Rille" fahrend, mit dem Hintern auf der Straße hängend, reagieren soll?
Wenn ich nicht am Limit fahre, wozu brauche ich dann das Hanging off? Komme ich nicht mit dem "Legen", dem guten alten englischen Fahrstil, bei dem Fahrer und Maschine eine Linie bilden, vielleicht minimal langsamer, aber desto sicherer um die Kurve und habe, weil ich nicht erstmal meinen Hintern wieder auf die Bank hieven muss, viel bessere Möglichkeiten, auf Unvorhergesehenes zu reagieren?
Was meint Ihr dazu?
Fragende Grüße
Harold