Freitag, Berufsschule, danach von Kiel aus ab nach Hamburg zur Freundin. Draußen, im Januar, lauschige 2 Grad, leichter Regen, also perfekt, um statt meines teilrestaurierten VW 1600TL Automatic von Baujahr1970 die Vespa Cosa 200 zu bemühen, die ich kurz zuvor meinem Onkel abgekauft hatte.
Also Top-Case geladen, dich angezogen und ab auf die Bahn, wie fast jeden Mittwoch und Freitag. Dann suchte man sich einen LKW, sog sich in den Windschatten und pendelte mit 90km/h der Hansestadt entgegen.
Dabei gab sich die fette Hummel mit 3-3,5 Litern Gemisch zufrieden, während der VW um die 10 Liter orgelte ( 54 PS Doppelvergaser), außerdem ersparte ich dem gerne diese Schlechtwetterfahrten.
Ein passender LKW zum Anhängen fand sich schnell....doch dann, kurz vor Neumünster setzte Schneetrieben ein, so heftig, dass ich im Verbund mit einigen Dosentreibern auf dem Rastplatz Zuflucht suchte, um auf den Räumdienst zu warten, der dann recht schnell auch kam.
Nach dieser Zwangspause ging es weiter mit etwa 40km/h, die mir auf dem Untergrund schon reichlich schnell vorkamen, doch glücklicherweise dauerte der Spuk nur etwa 10 km, dann hatte die Nässe uns wieder und ich folgte einem polnischen LKW in dessen Windschatten.
Samstag fiel Schnee. Schnell hatte sich auf der Sitzbank eine 15cm hohe Schneeschicht aufgetürmt, egal. Ich wollte ja erst Sonntagabend nach Hause fahren.
Sonntag dann tagsüber minus 10 Grad...und als ich nach dem gemeinsamen Tatort-Gucken zur Rückreise rüstete, zeigte das Thermometer minus 18 Grad.
Immerhin, die Cosa sprang an, die Straßen waren halbwegs befahrbar und die Autobahn dank reichlich zuvor aufgetragenem Salz recht gut fahrbar.
Aber, schei...., war das kalt, trotz Mehrlagen- Bekleidung und einer riesigen Scheibe.
Dann überholte mich irgendwann so mit 110km/h ein echter Wahnsinniger auf einer Kawa. Der trug ne Lederkombi, sonst nichts. Kennzeichen H für Hannover.....
An der Raststätte fuhr ich ab. Ich spürte meine Finger nicht mehr, mein Gesicht war eingefroren, weil ich das Visier während der Fahrt öffnen musste, damit mein Atem sich im Visier nicht sofort zu Eis verwandelte.
Ich holte mir drinnen einen heißen Kakao und traf...den Kawasaki-Fahrer, der sich bibbernd an einer Tasse Kaffee festhielt.
"Frisch draußen, oder?", grinste ich ihn verfroren an, " Hat dir Mutti nichts Wärmeres zum Anziehen rausgelegt?"
"Du bist dann bestimmt der Bekloppte mit der Vespa, oder?", erwiderte er mit klappernden Zähnen.
Wir mussten beide lachen.
Er hatte die Kawa in Hannover gekauft und musste noch bis Schleswig fahren. Seine Freundin kam dazu, die im warmen Auto hinter ihm herfuhr.
Er musste das Bike an diesem WE holen, sonst wäre sie, also die KAWA, am Montag als Inzahlungnahme zum
Händler gegangen. Und sein Anhänger hatte 5 km nach Fahrtbeginn gen Süden einen Plattfuß. Am Sonntag. Natürlich. Also hatte er sich spontan zur Abholung auf eigener Achse entschlossen....
Später irgendwann fuhren wir weiter und bald war er nicht mehr zu sehen...er hatte es irgendwie eilig...
Dann fiel mein Drehzahlmesser aus. Gut , geht ja auch ohne.
Dann das Licht. Schon irritierend, aber auf der Standspur fuhr ich einfach weiter.
Dann war es vorbei, Motor tot.
Angehalten, Startknopf gedrückt, Anlasser schrubbte sich nen Wolf, nur Anspringen wollte sie nicht.
Nun stand ich da. Bei minus 18 Grad, direkt unter dem Schild "Bordesholm" mit der (in diesem Moment ) verfluchten Vespa.
Handy? Das war damals noch was Besonderes, nichts für Auszubildende. Immerhin hielt ein Autofahrer und ich hatte Glück.
Er schien fast stolz zu sein, für mich mit seinem Nokia einen Abschlepper herbeirufen zu können. Eine gute und schlechte Nachricht zugleich.
Gut, weil irgendwann jemand mich und die Vespa hier abholen würde.
Schlecht, weil der im Moment gerade in Owschlag einen Unfallwagen auflud und es etwa eine Stunde dauern würde, bis dieser rettende Engel bei mir eintriefe.
Es folgten die längsten 90 Minuten meines Lebens.
-18 Grad, ein scharfer Ostwind...ich hielt mich irgendwann mit Schattenboxen warm. Das muss ein ziemlich verstörender Anblick für die vorbeifahrenden Autofahrer gewesen sein..
Doch irgendwann war ich dann doch zu Hause.
Nachwehen:
Tags drauf ging ich in der Nachbarschaft zu einem Schrauber, der mehr Vespa- Erfahrung hatte als ich und schilderte ihm meine Probleme: "... und dann hat halt dieser verschissene elektrische Benzinhahn Feierabend gemacht und ich stand da."
Sein blödes Grinsen werde ich nie vergessen: "Hattest du keinen Schraubenzieher dabei?"
"Doch, wieso?"
"Der lässt sich an einer Schraube zwangsöffnen. Hättest weiterfahren können, zwar ohne Licht, aber..."
Arrrrghhhhh....!!!!!!