NTV650, Modell "Firebird"
Wir wollten zur künftigen Schwiegermutter. Mit dem Motorrad. Kiel-Bad Berleburg. Meine Frau, um ihre Mutter zu sehen, ich eher vorrangig, um dort ein bisschen Motorrad zu fahren.
Also wurden Packtaschen gekauft, die sich an der Sitzbank angurten ließen, der Tankrucksack aufgeschnallt. Reisefertig.
Die Taschen teilten wir paritätisch auf, was sich später für einen von uns noch rächen sollte...
Es war in schöner warmer Vormittag, an dem wir starteten. Schöne 27 Grad warm, trotzdem fuhren wir in eher warmer Ausrüstung los, da man im Sauerland ja nie wissen konnte...
Die NTV lief super. Trotz Taschen, Tankrucksack und 2 Personen kratzte der Tacho ab und an an der 200er Marke ( sie war die deutlich schnellste NTV der fünf, die ich besessen habe).
Irgendwann musste ich auf Reserve schalten, kein Problem, Garbsen war nicht weit. Also weiter linke Spur.
Irgendwann hupte ein Autofahrer, den wir überholten. Ich dachte noch: "Idiot, hier ist keine 'Beschränkung", dann spielten andere Überholte mit der Lichthupe. Ich nahm es achselzuckend hin. Die Tankstelle kam in Sichtweite, ich wechselte auf den Verzögerungsstreifen...und die Ente verstummte. Mit letzter Kraft rollten wir an die Zapfsäule.
Meine Frau stieg ab und meinte: " Du , die Felge hinten ist ganz schwarz."
Tatsächlich, statt Persil-Weiß durchgehend dunkelgrau. Kettenfett war ja nicht möglich, vielleicht ne schleifende Hinterradbremse?, Ölaustritt am Kardan?
Mit blockiertem Bremskolben wär sie kaum knappe 200 km/h gefahren, der Kardan war nicht von BMW. Dann sah ich es....
Einer der Riemen der Packtaschen war gerissen ( die Dinger waren wohl nicht hochgeschwindigkeitsfest ) und die vordere untere Ecke der rechten Packtasche hatte etwa 10 cm zum Auspuffstummel der Ente. Also eigentlich mehr, denn in der Packtasche klafft ein großes Loch.
Daher die Lichthupen und Hupen der Dosentreiber. Die Tasche selbst und einige der in ihr lagernden Gegenstände hatten auf der Autobahn gebrannt. Offensichtlich zogen wir zuvor eine Rauchwolke hinter uns her ,die ich in den vibrierenden Spiegeln nicht wahrgenommen hatte.
War natürlich die ( auch viel schwerere ) Taschenseite meiner Frau...
Vorsichtig öffneten wir den Verschluss. Gut es waren nur einige Teile verkohlt, aber...die Deo- Dose machte mir etwas Angst. Der Boden beulte sich deutlich nach außen..
Wir hatten richtig Glück gehabt. Wäre das Mistding geplatzt, dann würde ich diese Zeilen hier und heute vielleicht nicht mehr schreiben können.
"Und jetzt?", fragte meine Frau.
"Zwangspause", erwiderte ich, " Ich tanke jetzt, dann schiebe ich die Ente in den Schatten und in ner Stunde hole ich die Deo-Dose da raus."
Gesagt, getan.
Anschließend fixierte ich die Tasche mit einem Hosengürtel auf der ursprünglichen Höhe und wir radwanderten mit höchstens 120/km/h weiter ins Mittelgebirge.
Dort verbrachten wir einige schöne Tage. Doch irgendwann geht es halt zurück. Wir reduzierten unser Gepäck auf die einzig verbliebene Tasche, stopften den Rest mit in den Tankrucksack, der sich jetzt wie die Eiger Nordwand vor mir auftürmte.
Wir starteten gegen 10 Uhr, es war da schon wundervoll schwül-warm und schwere Gewitter vorhergesagt. Also nichts wie weg.
So ab Paderborn war es so warm, dass uns selbst bei 150km/h mit offenem Visier der Schweiß aus dem Helm tropfte. Erwähnte ich schon, dass in unseren Motorradklamotten dass gute Winterfutter montiert war? Oder vergaß ich bisher zu erwähnen, dass diese Jacken damals über keinerlei Belüftungsmöglichkeiten verfügten. Wir schmorten im eigenen Saft. Auch aus Furcht. Furcht vor der Gewitterfront, die uns verfolgte und im Rückspiegel als schwarz graue Wand Eindruck machte.
Also zog ich vorsorglich die Regenhaube über den Tankrucksack. Ging etwa 50km gut, dann verabschiedete sich das Ding mitten während der Fahrt......
Also hetzten wir weiter...bis Hamburg. Der Standard- Stau vor dem Elbtunnel....im Rückspiegel wurde es Nacht...und dann kamen die Fotografen: prasselnder Regen setzte ein, die Blitze schlugen unweit der Autobahn ein.
Weg von hier. Volkspark bogen wir ab, stellten uns unter die Brücke und warteten, bis das Gewitter abzog. Der Regen blieb, in einer erheblichen Vehemenz begleitete er uns dann auf den letzten Kilometern.
Bis dahin fand ich das Ganze noch amüsant. Wenigstens ne spannende Tour. Meine Frau war auch unerwartet entspannt, bis... sie zu Hause den Tankrucksack entleerte.
Sie hatte so ein Täschchen für Schmink- Utensilien, schwarz, mit ein paar Rosenmotiven. Diese waren allerdings nicht wasserfest, ebenso wenig wie der 'Rucksack, der sich ja seiner Regenhaube entledigt hatte.
Folge: das obere Drittel ihrer dort gelagerten Bekleidung war durchgefärbt.
Glück und Pech lagen nah beieinander:
Sie hatte Pech. Ein Teil ihrer Klamotten war ruiniert durch Feuer und Wasser.
Und Glück, denn sie durfte ( schlechtes Gewissen) auf meine Kosten shoppen, um die Verluste auszugleichen....