Hallo Winni, hallo Rainer und alle interessierten,
ich habe mich noch einmal mit dem Thema Feder beschäftigt, ist wie immer einiges zusammengekommen.
Hierbei haben mir die gewonnenen Daten aus Winnis Experiment (hier im thread) mit der "progressiven"
Originalfeder (Federweg 120mm) sehr geholfen.
Die Feder hat 15 "aktive" enge, weichere Windungen und 19 "aktive" weite, härtere Windungen.
Was bedeutet aktive Windungen? Nun, beim genaueren betrachten der Feder sieht man das der Anfang
der zweiten Windung auf dem Anfang der ersten flach geschliffenen Windung aufliegt. Die erste Windung ist
quasi inaktiv.
Auch die Rechner der Federhersteller, die ich ausprobiert habe, zählen die Anfangs-Endwindungen nicht mit!
Da mir jetzt alle relevanten Daten zur Verfügung standen habe ich diese in die Exel-Tabelle von Rainer
eingetragen und die Feder(n) berechnen lassen. (Rainer stellt euch bestimmt die Exel-Tabelle bei Interesse zur
Verfügung)
Damit die Vergleichbarkeit gegeben ist habe ich die 2 Sätze YSS-Federn, die ich mir besorgt hatte ebenfalls
vermessen und die Werte eingetragen. Auch hier habe ich die 2 "inaktiven" Windungen abgezogen.
Die leichte Federvorspannung habe ich mit 10mm angegeben.
Das Schubmodul G habe ich mit 80.000 N/mm² eingetragen. Ich hatte die Schubmodule mehrerer Federstähle,
die für Spiralfedern im Fahrwerksbau geeignet sind verglichen und sie lagen alle zwischen 78.000 und 83.000 N/mm²
BEISPIEL:
DIN-Bezeichnung: DH / enthalten in DIN: 17223-1 / Enthalten in DIN-EN: EN 10270-1 DH / Bezeichnung:
Federstahl- draht / G-Modul: 81.500 / Anwendung: für statisch und dynamisch belastete Federn.
(Andere Angaben siehe Exel-Tabelle)
Hier die 3 Federn sowie die Screenshots der Berechnung mit der Exeltabelle
Die Ergebnisse habe ich nun in eine Open-Office Exel-Tabelle eingetragen
und ein Diagramm gebastelt um die Ergebnisse zu visualisieren.
Dies Grafik zeigt meine Grafik und die Grafik der Feder von Rainer's CB500-Four.
Ich habe beide Diagramme so skaliert das man sie vergleichen kann. Wie man
sieht ist die CB500-Four Feder etwas weicher.
Im ersten Moment sollte man meinen das der Unterschied nicht groß ist, aber das täuscht.
Um das zu erklären muß ich noch einmal die Aussage von Wilbers bezüglich der Originalfeder mit 120mm
Federweg zitieren: "Original besitzt die Gabel "progressive" Federn, wobei die erste Federrate zu gering ist
und dadurch auch relativ schnell in die zweite, deutlich zu harte Federrate wechselt." (angeblich hat die
Feder laut Wilbers eine Federrate von ca. 6,5 N/mm (weicherer Teil) bis 10,5 N/mm (härterer Teil)
Diese Angaben habe ich aus dem Forum und bezweifele mittlerweile deren Richtigkeit.
Alle von mir in die Exel-Tabelle eingetragenen Originalfedern, die ich anhand von Fotos in Photoshop
vermessen und anschliessend in die Exel-Tabelle eingetragen habe, wiesen im harten Teil eine Federrate
von mindestens 12,2 N/mm (Winni's Feder) bis 12,7 N/mm auf.
Das bedeutet das die von Wilbers als zu hart bezeichnete zweite Federrate noch härter ist!!
Meine Ergebnisse= Weicher Teil: 6,5 - 6,8 N/mm -- Harter Teil: 12,2 - 12,7 N/mm
Diese Werte sind schon fast auf dem Niveau von Federraten die eigentlich für die Rennstrecke
vorgesehen sind.
Jetzt wundert mich garnichts mehr. Warum?
Mir ist an meiner NC750 SD RC88 aufgefallen das kurzhubige, schnelle vertikale Schläge wie z.B. bei Kopfstein-
pflaster recht gut weggefedert werden.
Das sagt mir das die Gabel in Druck und Zugstufe nicht überdämpft ist was wiederum bedeutet das die
Ölbohrungen passend zu der Ölviskosität gewählt sind.
Jetzt ist es aber so, das der Negativfederweg gerade bei schwereren Fahrern durch die erste, zu weich gewählte
Federrate von 6,5 N/mm schon über die Hälfte aufgebraucht ist.
Dann bleiben im weicheren Teil noch ca. 30 bis 35mm Federweg bevor die Feder in den viel zu harten Teil
übergeht.
Berücksichtigt man nun das sich die Gesamtrückstellkraft beim stärkeren einfedern aus der zu stark
steigenden Federkraft der zu harten zweiten Federrate (12,2-12,7 N/mm) und der progressiv zunehmenden
Luftkraft zusammensetzt, wundert es mich nicht das die Federung in diesem Bereich hart und unkomfortabel
wird!
Dazu siehe auch das Diagramm von Rainer "Kräfte im Standrohr einer Federgabel"
Hier Auszüge zu dem Thema die ich per PN einem anderen Forenuser geschrieben hatte. Trifft die Sache aber
ganz gut und ist quasi als mein Fazit zu meinen obigen Ausführungen zu sehen.
Ich habe eigentlich alle threads hier im NC-Forum und auch in diversen anderen Foren, die mit dem Thema
Gabelfeder bzw. Gabelventil zu tun hatten, gelesen. Daraus ensteht ein gewisses Bild. Da ich recht leicht bin
und etwas mehr Komfort haben möchte sind z.B. Wilbers-Federn, egal ob progressiv oder linear, nichts für mich.
Die wurden wegen ihrer "Härte" teilweise sogar wieder rausgeschmissen. Bei anderen Anbietern scheint es
ähnlich zu sein.
Ich bin jetzt zu dem Ergebnis gekommen das in meiner Gewichtsklasse lineare Federn die bessere Wahl sind.
Die linearen Aftermarket-Federn der üblichen verdächtigen scheinen aber alle eine Federrate von 8-8,5 zu haben.
Das ist wie ich herauslesen konnte gerade für leichte Fahrer wie mich, die etwas komfortabler als mit der
Originalfeder unterwegs sein möchten, zu hart.
Bei den "progressiven" Federn scheint es noch schlimmer zu sein. Diese "progressiven" Federn sind meiner
Meinung nach ein nicht funktionierender Kompromiss. Sie sind zwar im weichen Teil etwas härter als die zu weiche
Originalfeder aber im harten Teil immer noch zu hart. "progressiv" geht für mich garnicht, ist einfach nur Verschlimm-
besserung. Wie gesagt, diese Feststellungen sind auf meine Leichtgewichtsklasse (73Kg aufgebrezelt) bezogen!
Die Federn werde ich in Verbindung mit meinen eventuell noch anzupassenden Gabelventilen
(YSS-PD335-D= mit Adapter) einbauen.
Übrigens: Zur Funktionsweise des Gabelventils hatte ich weiter vorne in diesem thread mehrere Grafiken
eingefügt!
Die Feder des Gabelventils ist, wie ich herauslesen konnte, eigentlich etwas zu hart. Diejenigen, bei denen es
funktionierte, sprich das das Ventil bei stärkeren Schlägen weiter öffnet, haben die Federvorspannung quasi auf
null gedreht. Mal schauen, vielleicht gibt's dann noch weichere Ventilfedern.
Was ich einbauen werde und warum dürfte jetzt klar sein, wobei ich mir noch nicht sicher bin ob ich erst die
YSS-Federn mit 7,5 N/mm oder die mit 7,0 N/mm einbaue. Ich denke fast es werden zuerst die mit 7,0 N/mm.
Ich weiß, das war wieder jede Menge Input, aber das Thema hatte ich am Anfang auch unterschätzt. Da die
Datenlage miserabel ist, da jeder Hersteller aus seinen Federn ein Geheimnis macht, blieb mir nicht anderes
übrig als mich mit der Materie vertraut zu machen und meine eigenen Schlüsse zu ziehen und diese mit
Beispielrechnungen und in Form von Diagrammen sichtbar und begreifbar zu machen.
Da ich jetzt schon mehrfach gelesen habe das NC-Fahrer ihre teuer erkauften Wunderfedern wieder
ausgebaut haben und mir das nicht passieren sollte habe ich diesen mühsamen Weg eingeschlagen.
Neue Gabelventile und 2 Satz neue Federn zum testen haben mich inkl. Versand aufgerundet 125Euro gekostet.
Das kann man verschmerzen. Und ich sage, durch das was ich jetzt weiß kann es nur besser werden. O.K. eine
Sänfte wird es bei einem Federweg von 120mm nicht werden, aber die harten Schläge bei schlechten Strassen
werde ich durch die Gabelfeder-Gabelventilkombination wirksam bekämpfen. Obendrauf kommt noch eine
bessere, komfortablere Aussnutzung des Federwegs, dafür verwette ich den Inhalt meines Helmfachs.
Wer die Exel-Tabelle zur Dateneingabe und Berechnung haben möchte wendet sich bitte per PN an Rainer.
(er hatte das ja weiter vorne im thread schon angeboten)
Wer die Ergebnisse dann visualisieren möchte dem kann ich die von mir gebastelte Exel-Tabelle per PN Anfrage
zur Verfügung stellen.
Anmerkung: Da ich noch andere Eisen im Feuer habe und ich lieber bastele wenn es wärmer ist, wird es noch
ein wenig dauern. Ich melde mich dann hier im Forum, versprochen!
So, das war's erst einmal. Über einen Daumen hoch für die viele Arbeit würde ich mich freuen, danke im Voraus.
Wäre es nicht Winter hätte ich mir die viele Arbeit schon aus Zeitgründen wohl garnicht erst gemacht.
Eventuell helfen euch dieser und meine anderen Beiträge, die ich in diesem thread verfasst habe, ja ein wenig weiter.
Gruß aus Lemgo, Thomas