Dass die dB-Eater-Verlierer irgendwie fehlgeleitet sind ist ja nicht neu. Ärgerlich finde ich nur, dass irgendwelche Fuzzis bei den Firmen, die den ganzen Müll herstellen den Leuten über Marketingmaßnahmen erfolgreich einreden, dass die Zwei- und Vierradfahrer den Dreck wollen.
Gab es jemals eine Nachfrage nach SUVs? Nein, die wurden als Försterautos verlacht. Aber mit passendem Marketing wurde den Leuten beigebracht, dass praktische Kombis und Vans total uncool sind und man - zu höheren Preisen und damit höherer Marge für Hersteller und Handel - unbedingt hochgelegte Kisten mit höherem Verbrauch im Möchtegerngeländelook braucht.
Bei den Brülltüten zur Kompensation von Minderwertigkeitsgefühlen (keiner sieht mich, keiner mag mich!) lief es ähnlich: Mit technischen Tricks haben Handel und Hersteller den Lautstärkewettbewerk immer weiter angepeitscht. Klappenanlagen! Hurra! Trotz Zulassung ein infernalischer Lärm! Fragt mal langjährige BMW GS-Fahrer, die Erfahrung mit den jeweiligen älteren Modellen und den heutigen haben. Eine hohe Zahl an Fahrern der aktuellen GS-Modelle beklagt die erheblich lauter gewordenen Auspuffanlagen. Eine R 1100 GS konnte man noch mit normalem, guten Helm bewegen, das ist mit einer luftgekühlten R 1200 GS nicht mehr drin, auch die R 1150 GS war im Alltag lauter als die 1100er. Heute ist ein Gehörschutz quasi unverzichtbar. Was in mehrfacher Hinsicht lächerlich ist:
Wer mit diesen Lärmanlagen - im Pkw-Bereich bereits Lärmerzeugungsanlagen mit Lautsprechern (!) - unterwegs ist, der nutzt meist Gehörschutz. Achtet mal an den Mopedtreffes darauf wenn die schwanz-, sorry, wenn die dB-Eaterlosen Leute ankommen: Noch ein paar ordentliche Gasstöße, um noch in mehr als 10 Meter Distanz die 100 dB(A) zu knacken, Motor aus, Helm runter, Gehörschutz raus...
Ich erwäge zur Zeit sogar mein Auto zu wechseln. Hatten alle meine früheren Cabrios Antriebe, die auch akkustisch eine gewisse Souveränität ausstrahlten, also einen unaggressiven und eher leisen Tonfall hatten, habe ich nun einen kleinen Sportler, ein Mini Cooper Cabriolet. Ein giftiges, sportliches Auto, also komfortlos bretthart gefedert und ein Sound, der an richtige Sportwagen erinnert. Handlich, wendig, die Kiste klebt quasi an der Straße und das in jeder Kurve und der Sound ist brachial für das Motörchen.
Mir ist das vor ein paar Tagen so richtig deutlich geworden: Ich habe "Le Mans 66 – Gegen jede Chance" im Kino gesehen. 153 wirklich empfehlenswerte Minuten. Der Motorsound der Rennwagen war natürlich genial, aber mein Sound-macht-Spaß-Vorrat ist damit für mindestens ein Jahr aufgefüllt. Auf dem Rückweg fiel mir die Ähnlichkeit zu meinem, mich schon länger nervernden Motorsound auf: Röhren, Patschen, Brüllen, das kann der Mini-Motor (hier bitte wörtlich nehmen) ganz wunderbar. Nervt nur umso mehr, je länger man damit fahren muss. Lange Rede, kurzer Sinn: Das Auto ist klasse, passt nur nicht auf normale Straßen, das ist eine Kiste um im Abo auf dem Ring Runden zu drehen.
Das Hauptproblem beim Lärm ist das Image-Problem: Hier hat keine Nachfrage zum Angebot geführt, hier wurde den Leuten klargemacht, dass sie das Angebot bräuchten. Wer cool sein will braucht Krach. Das war mal anders. Ich wünsche mir wieder Fahrzeuge mit Motoren, die Souveränität ausstrahlen, also leise sind. So lange ist das gar nicht her dass uns der Sabber aus den Mundwinkeln lief, weil ein Auto trotz richtig guter Fahrleistungen leise war. Man konnte am Stammtisch mit leisen Motoren punkten. Laut mussten nur die armen Typen fahren, bei denen es an Hubraum, Leistung & Co. haperte...
Wenn ich an mein Saab 900 2.3 SE Cabrio zurückdenke komme ich noch immer ins Schwärmen: Geschlossen wie offen sehr leise, gemessen an den Papierdaten sehr durchzugskräftig und dabei nicht langsam (210 km/h laut Papieren, Tacho mehr). Ein schneller Reisewagen, der wunderbar zum Cruisen taugte. Laut? Wozu? Das ist die Sache der Prolls ohne Stil!
Autos und Mopeds sollen sich gut fahren lassen, Krach braucht man dafür nicht.
Gruß Michael