Hallo,
da mich gerade gestern jemand fragte ob ich wüßte was sich 2025 beim Thema Reifen, Unbedenklichkeitsbescheinigung (UBB)
etc. ändert habe ich einmal versucht das komplexe Thema halbwegs kompakt zusammenzufassen, Quellen gibt es genug.
(Einige Passagen sind vom Sinn her doppelt, wollte ich aber nicht noch einmal zusammenfassen, irgendwann is gut).
Alles unten geschriebene bezieht sich auf Motorräder mit EG-Typgenehmigung 2002 (Richtlinie 2002/24/EG) wie es bei allen
NC-Modellen der Fall ist.
Ich weise darauf hin das das Thema komplex ist und das durch die Kürzung nur die meiner Meinung nach wichtigen Punkte
abgedeckt werden. Wenn es jemand anders sieht bitte nicht gleich meckern, danke.
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Selbst der Gesetzgeber sieht es nicht mehr so eng.
Deshalb hier zuerst einmal ein Artikel des Bundesministerium für Digitales und Verkehr vom 25.03.2024:
Bund und Länder haben in Bezug auf die Beurteilung von Rad-/Reifenkombinationen an Krafträdern die nachstehend beschrie-
bene gemeinsame Vorgehensweise abgestimmt:
Beurteilung von Rad-/Reifenkombinationen an Krafträdern
Fall 1a: Gleiche Reifengröße, anderer Reifenhersteller
In der Übereinstimmungsbescheinigung (engl. Certificate of Conformity, COC) bzw. in der Zulassungsbescheinigung (ZB) Teil I
ist ein Reifen von Hersteller A eingetragen. Verwendet wird ein typgenehmigter Reifen des Herstellers B der gleichen Reifen-
bauart mit gleicher Größenbezeichnung, alle übrigen Parameter z. B. Tragfähigkeitskennzahl, Geschwindigkeitskategorie sind
gleich oder höherwertig.
Beurteilung:
Dies ist zulässig. Die Betriebserlaubnis des Kraftrads erlischt nicht.
Anmerkung von mir: "Obwohl im Schein eine herstellerspezifische Reifenbindung eingetragen ist, ist es jetzt erlaubt
einen Reifen eines anderen Herstellers aufzuziehen ohne das dies beanstandet werden darf solange die im Schein einge-
tragenen Dimensionen und Spezifikationen beibehalten werden. Die Betriebserlaubnis erlischt nicht!"
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Hier zusammengefasst alles für die, die Reifen eines anderen Herstellers aufziehen wollen und die im Schein eingetragenen
Dimensionen und Spezifikationen beibehalten bzw. diese bei der Tragfähigkeitskennzahl und der Geschwindigkeitskategorie
übertreffen. Dies gilt wohl für 99% aller NC-Fahrer.
Die reine Handhabung und Umrüstung von Motorradreifen mittels Unbedenklichkeitsbescheinigung (UBB) der Reifenhersteller
ist im Zuge der Neuregelung durch den Gesetzgeber hinfällig.
Was bedeutet das für Motorradfahrer? Welche Änderungen ergeben sich durch die Neuregelung für neue Motorradreifen seit
dem 1.1.2025?
Sofern ein Reifenmodell einer anderen Marke mit denselben oder vergleichbaren Dimensionen und Spezifikationen am Motor-
rad montiert werden soll ist eine eventuell in der Zulassungsbescheinigung eingetragene Reifenmarke für das Modell lediglich
noch als Bereifungsempfehlung zu betrachten und nicht mehr bindend.
Ist keine Reifenbindung eingetragen ist jeder Reifen, egal von welchem Hersteller zulässig solange die im Schein eingetrage-
nen Dimensionen und Spezifikationen beibehalten werden wobei die Tragfähigkeitskennzahl sowie der Geschwindigkeitsindex
auch höher sein dürfen. (dies gilt wohl für alle NC's)
Die Freigabe des Reifenherstellers hatten Motorradfahrer bislang als Nachweis bei jeder Fahrt stets mitzuführen. Mit der
2018/2019 beschlossenen Neuregelung ändert sich das nun. Insbesondere seit Januar 2025, nach Ablauf einer "Schonfrist“.
Ab 2025 werden die neuen Regelungen auf alle Reifen unabhängig von dem Herstellungsdatum angewendet. Kein Papierkram
mehr bei Serienbereifung!
Bereits seit vielen Jahren war Prüforganisationen daran gelegen, die bewährte Regelung auf Basis der Herstellerfreigaben zu
kippen, das ist nun eingetreten.
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FÜR WEN WIRD ES AB 01.01.2025 AUFWÄNDIGER
Wenn ihr einen Reifen aufziehen wollt der von den im Schein eingetragenen Spezifikationen abweicht (z.B. einen 170er statt
dem im Schein eingetragenen 160er) wird es ab 01.01.2025 aufwändiger und teurer einen Reifen der vom Certificate of
Conformity (COC) abweicht für den Straßenverkehr zuzulassen.
Ab 2025 ist eine Einzelabnahme mit Erstellung eines Gutachtens bei einer Prüforganisation sowie eine anschliessende
Eintragung in die Zulassungsbescheinigung Teil 1 (Fahrzeugschein) durch die Behörde fällig. (Der einzutragende Reifen muß
zur Erstellung des Gutachtens schon aufgezogen sein).
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POSITIV
Bei einer reinen Abweichung des Reifenherstellers ist keine Abnahme erforderlich, solange alle Dimensionen und Eigen-
schaften mit den Daten in den Papieren übereinstimmen oder diese sogar übertroffen werden. Die grundsätzlichen Maße wie
Zollgröße, Abrollumfang, Breite und Querschnitt müssen also identisch sein. Tragfähigkeitskennzahl und Geschwindigkeits-
index dürfen höher sein.
Bei einer einfachen Umrüstung mit original Dimensionen ist keine Eintragung erforderlich.
Als zusätzlicher Faktor entfällt das Mitführen der UBB der Reifenhersteller seit Jahresbeginn 2025. Zwar kann das herstellerseitige
Dokument z.B. bei Verkehrskontrollen noch als hilfreiche Informationsquelle dienen, die bisherige Pflicht ist aber hinfällig und die
Unbedenklichkeitsbescheinigung darf zuhause bleiben.
Ein weiterer Aspekt, der Motorradfahrern zu Gute kommt ist die Tatsache, dass Motorradreifen durch die Reifenhersteller
oft als Kombination aus Vorder und Hinterrad angeboten werden. Durch die wegfallende Orientierung an Herstellerfreigaben führt
die jetzt geltende Neuregelung dazu, das Mischbereifung erlaubt ist. So können Biker also bspw. auf der Hinterachse einen
Michelin und auf der Vorderachse einen Continental Reifen fahren, sofern andere Eigenschaften der Reifen und des Fahrzeugs
den Vorgaben entsprechen.
Anmerkung von mir: Total verrückt ist das man schon immer unterschiedliche Reifenfabrikate aufziehen konnte. Es gab für
Motörräder keine separate Vorschrift. Beim Auto dürft ihr laut Gesetz z.B vorne Winterreifen und hinten Sommerreifen aufziehen,
die Bereifung muß nur pro Achse gleich sein. Ausnahme, es dürfen pro Achse nicht Diagonal- sowie Radialreifen gemischt
werden. Beim letzten TÜV hatte ich auf der NC übergangsweise vorne einen Pirelli und hinten den noch zu guten Bridgestone
verbaut. Der Prüfer, den ich seit Ewigkeiten kenne, hat das erkannt und nicht bemängelt!
Jetzt hat der Gesetzgeber aber eine Vereinheitlichung zwischen Auto und Motorrad vorgenommen, wurde auch Zeit.
Ich hoffe nur das die Streckenposten die Neuregelung schnell verinnerlichen und bei einer Kontrolle dann professionell umsetzen.
Auch wenn dieser Beitrag wohl so schnell wie alle anderen in den unendlichen Weiten des Forums verschwinden wird hoffe ich
das das geschriebene eventuell dem ein oder andern weiterhilft.
Gruß, Thomas