Radlager tauschen NC750x Bj.2014

  • #1

    Hey hey,

    bei der letzten Wartung meiner Hinterradbremse ist mir aufgefallen, dass mein Hinterrad quer sehr viel Spiel hat.

    Radlager stand natürlich direkt unter Verdacht und tatsächlich: Hinterradachse rausgezogen, Rad rausgebaut und das rechte Radlager hatte massiv Spiel.

    Habe bei meinem Händler des Verstrauens Ersatzteile bestellt und selbst eingebaut, die Teilenummern findet ihr unten am Ende der Einbauanleitung.

    Sollte jemand das gleiche Problem haben, hier eine modellspezifische Reparaturanleitung:


    1) Ausbau Hinterrad:

    Das sollte eigentlich jeder selber können, aber trotzdem nochmal kurz.

    Motorrad hinten aufbocken mit einem Montageständer. Achsmutter lösen und abschrauben. Dabei darauf achten, dass Mutter, Unterlegscheibe etc. nicht verloren gehen und die Teile sauber verwahrt werden. Am besten einen Fuß unter das Rad klemmen und die Achse herausziehen. Kette vom Kettenblatt abnehmen. Ich lege sie gerne über das Ende des linken Schwingenarms, oder später die Achse wieder einstecken und die Kette dranhängen. Den Bremssattel einfach von der Bremsscheibe abziehen. Am rechten Arm der Schwinge befindet sich eine kleine Noppe, dort kann der Sattel aufgesteckt werden, wo die Achse durchläuft, dann ist der schön aufgeräumt und es können keine Bremsleitungen beschädigt werden.



    2) Vorbereitung Arbeitsplatz:

    Bereitet einen Arbeitsplatz mit reichlich Fläche vor. Am besten ein paar Lappen bereit legen und eine Schale für Schrauben und Ersatzteile.

    Folgendes Werkzeug sollte bereit liegen:

    -Montageständer hinten (bzw. vorne)

    -Drehmomentschlüssel (42 und 98 Nm sollten abgedeckt sein)

    -Imbussatz (zum Lösen der Bremsscheibe)

    -Zwei stabile Schraubenzieher

    -Durchschlag oder eine Verlängerung für eine Knarre

    -Hammer

    -Heißluftföhn (oder ein kleiner Gasbrenner - aber nur im Notfall)

    -Loctite

    -Lagerfett

    -Bremesenreiniger o.Ä


    Am Besten gleich die beiden Radlager auch schon ins Gefrierfach legen, damit die rechtzeitig auf Temperatur sind.

    :!: Die Lager werden in Ploppfolie eingeschweißt ausgeliefert. Lasst sie am besten darin, bis zum Einbau. Es kann sich beim Einfrieren bzw. beim aus der Gefriere nehmen, Kondensation bilden. Die nistet sich z.T. im Lagersitz ein und führt zu Rost oder zu einer inkorrekten Lagerpassung.


    3) Ausbau der Radlager:

    So... nun fängt die Arbeit an. Nachdem Ihr jetzt das Rad bei euch auf der Werkbank liegen habt, werden erstmal alle Teile an der Felge abgebaut.

    Es muss also die Bremsscheibe abgeschraubt werden und das Kettenblatt mit dem Flasch, sowie die Ruckdämpfer aus der Felge herausgezogen werden. Ich empfehle die Bremsscheiben abzuschrauben, da es einem mehr Freiraum beim Lagerausbau gibt und den Kontakt mit Fetten verhindert. Ist kein muss, aber kostet eine Minute mehr und spart einem im Zweifelsfall viel Ärger und eine neue Bremsscheibe.

    Jetzt habt Ihr nur noch die "nackte" Felge vor euch liegen. Zunächst sollte man diese mit einem feuchten Lappen abwischen, damit später kein Dreck in den neuen Lagern landet.

    Mit zwei Schraubenziehern könnt Ihr nun auf beiden Seiten der Felge die Staubdichtungen heraushebeln. Solltet Ihr die alten wieder einbauen, achtet darauf, dass Ihr die Ränder der Dichtung nicht verletzt. Generell würde ich aber dazu raten neuen einzubauen. Das ist zum einen nicht allzu teuer, macht euch den Ausbau leichter und Verlängert die Lebenserwartung der neuen Lager, da neu immer besser dichtet, als alt.

    Ist dies erledigt, könnt Ihr anfangen mit dem Heißluftföhn den Lagersitz rund um das Lager zu erwärmen. das dauert etwas, ist aber sicherer. Mit dem Gasbrenner solltet Ihr stark drauf achten die Felge gleichmäßig zu erwärmen. Mit großem Abstand zwischen Flamme und Felge achten. Vor allem nicht zu heiß werden zu lassen! Die Felge sollte immer noch mit der bloßen Hand noch gut Anfassbar sein. Sie darf warm, aber eben NICHT heiß sein.

    Am besten aber das Erhitzten mit dem Gasbrenner vermeiden, da es schnell zu Materialschäden führt.

    Ist das Lager etwas erhitzt, könnt Ihr mit dem Durchschlag von der anderen Seite der Felge die Distanzhülse im Inneren der Felge etwas zur Seite drücken und mit einem Hammer das Lager nach Außen herausschlagen. Dabei aber darauf achten, das Ihr gleichmäßig auf die Seiten des Lager schlagt, sonst verkantet sich es und beschädigt im Zweifelsfall auch den Lagersitz damit. Trotzdem nicht vor etwas Kraftaufwand zurückscheuen, da die Lager mit einer Hertschen Pressung eingepasst sind und oft ja schon durch viele tausende Kilometer festgesessen sind. Ist das Lager raus, die Distanzhülse aus der Felge nehmen, dann ist der Ausbau des zweiten Lagers ein Kinderspiel. Hier genauso vorgehen wie beim Ersten.



    4) Einbau der neuen Radlager:

    Als allererstes reinigt Ihr nun sehr gut die Lagersitze mit Bremsenreiniger o.Ä. Prüft auch die Sitze auf Beschädigungen, das sollte normalerweise nicht passieren, kann aber bei großen Lagerschäden aber doch vorkommen. In diesem Fall neue Felge kaufen, oder Lagersitz zur nächsten Größe aufdrehen lassen (Darauf gehe ich hier aber nicht weiter ein).

    Nachdem die Felge nun gereinigt ist, erwärmt Ihr erneut die Lagersitze. Sind diese warm genug, könnt Ihr die Radlager auf dem Gefrierfach nehmen (am besten erstmal eins, sonst wird das andere ja wieder warm). Im Normalfall fallen die Lager von selbst in den Lagersitz hinein. Sollte dies nicht der Fall sein, Lagersitz nochmal auf Verschmutzung prüfen und ggf. das Lager mit dem Hammer in den Sitz einschlagen.

    Hierbei ist aber Achtung geboten!

    Niemals auf den inneren Teil oder die Kugeln des Lagers schlagen! Sucht euch dafür eine Nuss, die genau auf den äußeren Rand des Lagers passt, oder zur Not das alte Lager auf das neue Lager legen, das ist ohnehin hinüber. Außerdem ist darauf zu achten, dass man das Lager gleichmäßig einzuschlagen. Also rundum in Kreisbewegungen mit leichten Schlägen arbeiten. Dass das Lager richtig im Sitz unten angekommen ist hört Ihr am Ton beim einschlagen, ist das Lager unten angekommen ändert sich der Ton beim draufschlagen.

    Die Lager haben keine Laufrichtung, es ist also egal wie herum sie eingebaut werden, klug wäre natürlich mit der Teilenummer nach außen, dann kann man sie ablesen, wenn man sie nicht zur Hand hat.

    Lasst das Lager ca. eine Minute aufwärmen bzw. den Lagersitz abkühlen, dann sitzt das Lager schon richtig.

    Nicht vergessen die Distanzhülse dann wieder einzusetzen. Wenn ihr hier schon etwas Lagerfett hineingebt, spart ihr euch später etwas Arbeit.

    Das Einsetzten des zweiten Lagers erfolgt genau so wie beim Ersten.

    Sind beide Lager drin, könnt Ihr die Staubdichtungen einfach hineindrücken. Achtet hierbei auf die Seiten, die Dichtungen links und rechts sind nicht identisch, da einer in der Felge und der andere im Flansch sitzt!

    Persönlich wechsle ich auch gerne noch den O-Ring am Flansch, da er ebenfalls zur Abdichtung des linken Radlagers an der Felge verantwortlich ist und nicht die Welt kostet. Einfach den alten mit einem Schraubenzieher oder so herausnehmen, Dichtungsnut reinigen und neu fetten. Danach den neuen Ring vorsichtig einsetzten, der reist gerne mal wenn man sich ungeschickt anstellt.



    5) Zusammenbau:

    Jetzt sind die neuen Lager drin, jetzt machen wir uns wieder an den Zusammenbau.

    Erstmal fetten wir die neuen Lager und Staubdichtungen gut, später kommt man ggf. schlechter oder gar nicht mehr dran.

    Beim Anschrauben der Bremsscheibe darauf achten, dass man diese immer im Sternmuster anzieht. Die Schrauben an der hinteren Bremsscheibe bekommen einen Tropfen Loctite und werden mit 42Nm angezogen. Jetzt noch die Ruckdämpfer zurück an ihren Ort und den Flasch einsetzen und schon ist das Rad wieder zusammengebaut. Jetzt noch die Distanzhülsen reinigen, einfetten und wieder einsetzten. Auch hier darauf achten, wohin welche gehört! (Die mit dem dünnen breiteren Rand gehört auf die Seite des Kettentriebs).

    Rad wieder in umgekehrter Reihenfolge wie in 1) beschreiben einsetzten und Achse mit 98Nm festziehen. Dabei darauf Acht geben, dass die Einsteller für die Kettenspannung hinten richtig an der Schwinge anliegen.



    Teilenummern:

    Staubdichtung Achsdurchgang hinten, Seite Kettenrad:

    91252-MAE-003


    Staubdichtung Achsdurchgang hinten, Seite Bremsscheibe:

    91253-MAE-003


    O-Ring an Kettenradflansch:

    91351-MGS-D30


    Radlager hinten Felge, Seite Kettenrad:

    91053-MGS-D31


    Radlager hinten Felge, Seite Bremsscheibe

    91053-MGS-D31


    :!: (Achtung: Diese Teilenummern gelten nur für die NC750x Bj.2014 mit Schaltgetriebe, Sucht euch eure Teile lieber selbst heraus, da leichte Modellunteschiede ggf. andere Teile benötigen.)



    Anmerkung:

    In dieser Anleitung wird nur das wechseln der Radlager am Hinterrad beschreiben.

    Die Arbeit am Vorderrad ist jedoch denkbar ähnlich. Rad ab, Dichtungen und Lager raus, neue rein und fertig.

    Der Aufbau der Räder ist abgesehen vom Antriebsflansch mit Kettenrad sogar fast identisch, daher auch von den Arbeitsschritten so gut wie gleich.

    Die Anzugsmomente sind hier 74Nm für sie Achse und 22Nm für die Achsklemmschrauben.

    6 Mal editiert, zuletzt von Max_Laupi () aus folgendem Grund: Inhaltliche Ergänzung und weitere Erörterungen

  • #2

    Hallo Max_Laupi ,


    gut gemacht.

    Die Anleitung wird manchem helfen, der bisher noch nie Lager gewechselt hat.

    Als notorischer Nörgler wurde ich fündig:


    - Warum muss die Bremsscheibe demontiert werden ?


    - Die Radnabe um keinen Preis mit einer Flamme erwärmen. Es können sich Mikro-Risse bilden.

    Fast alle von uns besitzen keine Wärmeplatte. Auch mit einem Fön sollte man sensibel umgehen.

    Die Wärme sollte gleichmäßig und langsam in die Nabe eindringen. Es muss nicht die Nabe erwärmt werden.

    Ich kann die Lager in Haushalts-Folie einwickeln und am Vorabend in die Tiefkühl-Abteilung legen (-18°C).

    Erst vor Ort wird das Lager ausgewickelt und in den Lagersitz "fallen gelassen". Die Folie verhindert die Kondensatbildung.

    Vorher kann man das Rad in die Sonne legen.


    Reinhard

    Einmal editiert, zuletzt von reinglas () aus folgendem Grund: Korrektur/ Orthografie

  • #3

    Hey Reinhard,

    das montieren der Bremsscheibe hat einen ganz einfachen Grund.

    Wenn man die Staubdichtungen heraushebelt ist einem die Bremsscheibe meistens im Weg.

    Einfach um das Problem von Anfang an zu umgehen und damit das Rad beim arbeiten auch schön flach auf dem Tisch aufliegen kann, nehme ich hier die Bremsscheibe ab, bzw. demontiere das Rad in Gänze. Außerdem kann es beim Fetten immer mal passieren, dass ein kleiner Klecks Fett auf dem Tisch oder so landet. Der kann dann an der Bremsscheibe landen, die ist dann meistens auch hinüber und das muss ja nicht sein.



    Zu deinem Kommentar mit dem Brenner:

    Persönlich benutzte ich auch immer den Föhn, den vorsichtig bei mittlerer Stufe und guten 30-40cm Abstand den Lagersitz erwärmen lassen.

    Von einem bekannten Schrauber habe ich aber schon gehört, dass Brennerflammen auch gehen, aber mit sehr sehr viel Vorsicht und nur im Notfall zu verwenden sind, da wie du schon sagst schnell Schäden im Material auftreten. Ich wollte es nur einmal zur Sprache bringen, aber ich werde noch einmal betonen, dass es eine Notlösung ist.

    Die Lager werden in Ploppfolie eingeschweißt ausgeliefert, die lasse ich auch darin, bis ich sie wirklich beim Einbau benötige. Damit stellt sich das Problem mit Kondensation auch nicht. Ich werde es aber anmerken.


    Danke fürs Feedback, ich werde das nochmal überarbeiten. :)



    Grüße Max

  • #4

    Eine hervorragende Anleitung / Vorgehensweise eines reflektierenden "Schraubers", der darüber hinaus noch Texte schreiben kann und die Rechtschreibung beherrrscht. So einen Schrauberkollegen habe ich mir immer gewünscht. Bist du Ingenieur, Max :) ?

  • #6

    Hey gume,

    erstmal danke für das große Lob. ;)

    Nein, ich bin kein Ingenieur. Aktuell bin ich Student zum Maschinenbau, aber "nur" im ersten Semester.

    Weil das Geld als Student meistens etwas knapp ist hab mir das allermeiste selber beigebracht, da ich der erste Motorradfahrer in der Familie bin, ganz unter dem Motto "richtig informiert ist halb gelernt". Leider gibt es anscheinend nicht viele, die gerne an ihrer NC rumschrauben. Entsprechend sind spezifische Informationen dazu recht knapp.

    Bin vor kurzem bei Recherchen auf das Forum gestoßen (entsprechend bin ich auch noch am Tools entdecken) und versuche jetzt meine schon vorgenommenen Reparaturen und Kommenden in Text zu fassen. Vielleicht hilft es ja jemand, wenn man mal eine konkrete Anleitung zur Hand hat, ohne 200 Euro für ein Werkstatthandbuch auf den Kopf zu hauen.


    Gruß

    Max

  • Hey,

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