Ich konnte am Freitag eine ausführliche Runde mit der CRF 250 Rally drehen (Foto ist auf dem Kandel oberhalb von Waldkirch).
Optisch ein Knaller, technisch eine verfeinerte CRF 250 L. Ich kann natürlich nur den Vergleich zur 2016er CRF 250 L ziehen - gut möglich, dass das 2017er-L-Modell in gleicher Weise wie die Rally überarbeitet worden ist.
Die wichtigsten beiden Verbesserungen aus meiner Sicht: Die Federung ist im Vergleich zur 2016er CRF deutlich harmonischer und feinfühliger abgestimmt. Während die 2016 teils recht hölzern über Asphaltflicken und Schlaglöcher gepoltert ist, sind diese Dinge im Sattel nun wesentlich weniger wahrnehmbar. Es ist zwar nicht der sänftenartige Fahreindruck der AT, aber zwischen beiden liegen auch 7000Euro. Zudem wurde der Motor überarbeitet, die geringe Mehrleistung ist in der Tat über das ganze Drehzahlband spürbar. Im niedrigen Bereich hackt der Motor nicht mehr so früh wie früher. Dies macht sich insbesondere beim langsamen Abbiegen im 2. oder 3. Gang sowie beim Herausbeschleunigungen aus dem Ort (50km/h, 5.Gang) sehr positiv bemerkbar. Allgemein ist schaltfauleres Fahren möglich. Zudem zieht der Motor ab 6.000 U/Min nun noch fühlbar stärker durch. Dadurch fühlt er sich nicht mehr ganz so nach Elektromotor an wie zuvor, als der Motor völlig linear bis zum Begrenzer beschleunigte. Weiterhin habe ich positiv bemerken können, dass sie etwas flotter auf Höchstgeschwindigkeit ist. Dauertempo 120km/h geht problemlos, dabei liegt sie stabil. Die kleine Scheibe funktioniert hervorragend. Mit 1,88m habe ich keinen Winddruck auf dem Oberkörper (weniger als auf der NC mit Palmer und Originalwindschild) und sehr tolerierbare Verwirbelungen um den Helm.
Für den Aufpreis von gut 1000Euro zu Standard-CRF bin ich mit dem Gebotenen aber nur durchschnittlich zufrieden. Ich meine Honda hätte etwas an Bling-Bling sparen und dafür praxisgerechter konstruieren können. Grundsätzlich würde ich die kleine CRF bedenkenlos als Weltreisemotorrad empfehlen: der Motor ist ausreichend kräftig und standfest, das Fahrwerk schluckt alles, der Windschutz ist klasse, 150kg führen auch nicht zu Kopfzerbrechen, wenn sie mal umfällt. Nur: wer braucht Voll-LED? Und weshalb ist der Tank nur auf 10l gewachsen? Bei Verbräuchen um 2,8l könnten mit einem 15l oder gar 20l-Tank riesige Reichweiten realisiert werden. Weshalb immer noch der billige Stahlrohr- und kein Aluminiumlenker? Weshalb immer noch die unbequeme Standard-Sitzbank, weshalb keine bessere Grundlage für die Gepäckbefestigung, weshalb Kunststoffschildchen als Handprotektoren und keine mit Metallkern, usw.?
Fazit: die Verbesserungen im Detail zur 2016er CRF sind spürbar, aber nur im direkten Vergleich. Es ist eine Evolution, keine Revolution. Wer schon eine CRF hat, der braucht - außer aus optischen Gründen - nicht zu wechseln. Wenn Honda noch an ein paar Details arbeiten würde und sich zu einem 450er-Motor durchringen könnte, dann wäre sie Nr. 1 auf der Liste "Haben Wollen".