Zitat von sin_moto
Mal eine persönliche Frage.
Ich habe jetzt nicht jeden Beitrag in diesem Thread bis zur letzten Zeile gelesen und bin momentan etwas in Eile, aber stand da nicht irgendwo, dass du in der IT-Branche als Programmierer o.ä. tätig bist?
Dort wird doch meines Wissens nach ganz ordentlich verdient.
Warum gibst du dann so wenig Geld aus?
Ist dieses Askesentum Selbstzweck, sparst du auf irgendeinen tollen Flitzer o.ä. oder willst du deinem Sohn dereinst ein ordentliches Sümmchen als Erbe hinterlassen?
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Ganz ehrlich - ich habe während meines ganzen Studiums von extrem wenig gelebt. Am Anfang hatte ich 330 € im Monat (für alles, also auch für die Miete, die damals im Wohnheim knapp 170 € betrug). Und soll ich Dir was sagen? Ich habe mich nie arm gefühlt. Man kann wirklich mit sehr, sehr wenig Geld hinkommen, wenn nötig. Und man muss dabei nicht mal unglücklich sein! Für mich war das damals eine sehr schöne Zeit, obwohl (oder sogar weil?) ich so wenig hatte. Als ich mit dem Studium fertig war, habe ich dann auf einmal 2000 € netto verdient. Das war für mich schon schweinisch viel Geld. (Inzwischen verdiene ich als selbstständiger Softwareentwickler deutlich mehr ... wieviel, ist mir zu peinlich, um es hier zu sagen)
Aber wofür ausgeben? Ich habe den großen Fehler gemacht, mich einem Finanzberater anzuvertrauen und alle möglichen Schwachsinnsversicherungen abgeschlossen (gott sei dank inzwischen alle wieder gekündigt), aber sonst? Ein Auto? Ich bin kein Autofan, ich fahre meinen SH aus Überzeugung.Ganz ehrlich - sobald ich ein Auto fahre, setzt spätestens in der Stadt der große Frust ein. Ständig muss ich mich an Ampeln hinten anstellen, bekommen oft erst die zweite oder dritte Ampelphase, muss ewig warten, weil in einer Einbahnstraße wieder mal ein Müllfahrzeug unterwegs ist. Und wenn man am Ziel ankommt - weit und breit kein freier Parkplatz. Alles Probleme, die ich mit dem SH garnicht kenne!
Ich verstehe einfach nicht, wie man ein Auto meinem SH vorziehen könnte.
Im Übrigen zieht sich das durch alle Lebensbereiche. Überall wird uns suggeriert, wir müssten konsumieren, konsumieren, konsumieren. Das Auto muss größer, schneller und lauter sein. Wozu, wenn man damit doch nur im Stau steht? Wozu eine 40 000€ Karre kaufen, wenn ich mit meinem 3600 € SH dreimal schneller bin? Weniger Benzin verbrauche und so gut wie keine Steuern oder Versicherungskosten habe?
Ich wohne jetzt in einer WG in der Platte, bin nie allein und mein Sohn hat hier viele andere Kinder, mit denen er spielen kann. Wenn ich mir irgendwo in einer versnobten Gegend ein Haus kaufe, dann bin ich dort allein, mein Sohn hätte niemanden, mit dem er spielen gehen könnte (oder wir würden mit unserem fetten Auto erst wieder durch viele Staus fahren müssen, um dorthin zu kommen, wo er mit anderen Kindern spielen kann...)
Ich will niemandem ein Vorwurf machen, wenn er dieses Konsumleben liebt. Kann jeder handhaben, wie er möchte, und wer für jeden Scheiß Geld ausgibt, der tut das ja auch nicht aus Böswilligkeit. Aber warum soll ich mich daran beteiligen? Warum Geld für etwas ausgeben, was mich eh nicht glücklich macht?
Habt ihr mal Tomorrowland geschaut? Es gibt da zum Schluss eine sehr interessante Rede, hier mal ein Ausschnitt:
"Es sterben Menschen an den Folgen von Fettleibigkeit, während unzählige andere verhungern. Kann mir das mal jemand erklären?"
Der Satz enthält mehrere sehr interessante Aussagen. Da kann man mal eine Weile drüber nachdenken.
Lebe ich asketisch? Ich würde es nicht so sehen. Ich würde eher sagen, ich bin nicht länger bereit, den Schwindel zu glauben, dass ich immer mehr und mehr konsumieren müsste für mein Glück. Das macht nur fett und träge, und ist in seiner Wirkung genauso schlecht wie das verhungern.
Beste Grüße,
henry
P.S. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das auf die sogenannte "Unterschicht" problematisch wirkt - sie selber haben zu wenig Geld, um sich all den Konsum, der uns heutzutage als unumgänglich aufgedrängt wird, leisten zu können. Das führt zu dem Gefühl, dass man abgehängt ist, dass man arm ist. Die Wahrheit sieht meiner Ansicht nach aber anders aus.
Arm sind die, die den Konsum brauchen, um glücklich zu sein.