Die Sonne kommt raus, die ersten Biker-Treffen laden ein zum Stell-dich-ein und die Urlaubsplanung läßt die Gedanken in die fernen Serpentinenhügel schweifen und die Gashand jucken. Fahren, jetzt und gleich!
Mit einigem Stirnrunzeln verfolge ich hier einige Threads, wo über Zweck&Funktion der Schleifnippel an den Rasten philosophiert wird und wie man Selbige am besten wegschrubbt, ohne beim Ertönen des Kratzgeräuschs am plötzlichen Herztod zu sterben. An anderer Stelle werden orbitale Spritverbräuche mit der Tatsache erklärt, dass man das Moped am Limit bewegt, ne Woche später entdeckt man ganz überrascht mit professioneller Anleitung das Wunder des Lenkimpulses.
Nun bekommt sich die Single- und Doppelkupplungsfraktion noch in die Wolle, in welcher Brust das Herz des Fortschritts und der Massentauglichkeit schlägt bzw. welche Variante beim Ampelsprint die Nase für 30m vorn hat und letztlich trotzdem gegen den Joghurtbecher verliert. Nicht zu vergessen natürlich die optionale Möglichkeit mittels Launch-Controll-Starts die Reibscheiben zum Stinken zu bringen.
Geht's hier wirklich noch ums Mopedfahren? Die wohl schönste Art und Weise zwei Punkte mit möglichst vielen Kurven zu verbinden? Nennt mich altmodisch oder spießig - aber welches Bild wird den Neuankömmlingen geboten? Welche Intention zum Biken vermittelt, welche Werte dem Einspurfahren zugeschrieben?
Selbstdarsteller gibts im Zweiradbereich schon genug. Wenn das "Fahren" zum "Sehen und Gesehen werden" verkommt, läuft was falsch.
Was die Geltungssucht bringt, durfte ich vor ein paar Minuten live erleben, als ein sportlicher Naked Bike Pilot mit recht nervös zuckender Gashand seine Yamaha im dröhnenden Stakkatotakt des Vierzylinders mit springender Kupplung direkt hinter mir aus einer Nebenstrasse auf die Hauptstrasse spurten ließ und dabei weniger heldenhaft das ziemlich neue Bike mit ausbrechendem Hinterrad und folgendem Splitterregen aus Lack, Plaste und Klarglas kreiselnd über den Asphalt rutschen ließ. Für 3 Sekunden war er ein Held, nun ist sein Konto ein Stück leichter (dem Fahrer gehts gut, er konnte direkt nach dem Sturz aufstehen).
Selbige Gedanken schossen mir gestern bei dem mich mit knapp 200 km/h auf der Landstrasse überholenden Supersportler durch den Kopf, als ich neben dem Helm als weiteres Sicherheitsfeature tatsächlich noch nen Nierengurt ausmachen konnte zwischen Turnschuh, Jeans und Tshirt. Respekt - Blasenentzündung bekommt er zumindest nicht.
Um was gehts beim Zweiradfahren noch? Viel Bling-Bling, jede Menge Radau, Topspeed in allen Lebenslagen, auffallen um jeden Preis...? Irgendwo schalte ich da grade ab und fühle mich ganz altmodisch, weil ich tatsächlich nur "Fahren" möchte...
Grüße, Ryker