Hey hey,
dieses mal geht es darum den Kettensatz zu tauschen.
Diese Wartung kommt ja immer mal wieder auf jeden von uns zu, deswegen schreib ich auch schnell einen Artikel dazu.
Habe bei Polo einen neuen Kettensatz (Ritzel, Kettenblatt und Kette) gekauft, als ich gemerkt hab, dass der Vorbesitzer diese noch nie getauscht hatte nach über 45.000km! Nach einer gefühlt ewigen Lieferzeit kamen die Teile dann auch an.
Bisher kann ich mich über diese "günstigere Teile Alternative" von AFAM nicht beschweren. Die Kette steht nach über 25.000km noch fast wie neu da. Natürlich sollte man die Kette dafür auch entsprechend oft reinigen und fetten.
Sollte jemand das gleiche Problem haben, hier eine modellspezifische Reparaturanleitung:
Wann ist es Zeit für eine neue Kette?
Offensichtliche Merkmale, dass es Zeit ist für eine neue Kette ist zum einen starker Rost, der sich, anders wie Flugrost durch Reinigen und Fahren, nicht mehr löst. Zum Anderen wenn die Pfeile am Kettenspanner in die Nähe oder schon im Bereich des Roten kommen am Längungsindikator Aufkleber seitlich an der Schwinge. Andere schnell zu erkennende Merkmale sind, dass die Kette im Bereich zwischen Kettenblatt und Ritzel viel Querspiel hat und sich stark zur Seite drücken lässt. Ebenfalls sollte sich die Kette hinten am Kettenblatt nicht abheben lassen. Wenige Millimeter sind nicht schlimm, aber sobald man sie soweit abziehen kann, dass man zwischen den Zähnen und der Kette hindurchschauen kann sollte man eine neue Kette in Betracht ziehen. Des weiteren sollten sie Zähne an Kettenblatt und Ritzel noch schön symmetrisch, gerade und nicht eingelaufen sein. Da ich nicht weiß wie ernst Copyright hier genommen wird, googelt einfach selbst "Motorrad Kettenblatt eingelaufen" oder "Kettenblatt Haifischzähne" und schaut bei Bildern nach. Hier werdet Ihr vermutlich Extremfälle sehen, aber das gibt euch ein Gefühl wonach ihr Ausschau halten solltet. Ein eher im ausgebauten Zustand erkennbarer Fehler sind nicht mehr frei gehende Kettenglieder. Einfach die Kette über einen Finger hängen und nach und nach darüber ziehen. Ist ein Gelenk der Kette nicht mehr gut, wird es meist im angewinkelten Zustand stehen bleiben und wie einen "Knick" in der Kette abbilden.
Vorbereitung Arbeitsplatz:
Bereitet einen Arbeitsplatz mit reichlich Fläche vor. Am besten ein paar Lappen bereit legen und eine Schale für Schrauben und Ersatzteile.
Folgendes Werkzeug sollte bereit liegen:
-Montageständer hinten
-Drehmomentschlüssel (21,54, 86 und 98 Nm sollten abgedeckt sein)
-Knarre mit diversen Nüssen
-Gabelschlüsselsatz`
-einen Schraubenzieher oder einen kleinen Schaber
-Ketten Trenn- und Nietwerkzeug (oder Nietwerkzeug und einen Winkelschleifer)
-Loctite
-Kettenfett
-Bremsenreiniger
-ggf. ein zweites paar Hände
Demontage Kettensatz:
So nun geht's los. Angefangen wird damit die Schaltwippe an der linken Fußraste abzunehmen. Die wird nur von einer Schraube gehalten. Diese lösen, herausziehen und die Schaltwippe von der Welle ziehen, danach am besten die Schraube wieder in ihr Gewinde schrauben, dann geht sie nicht verloren.
Jetzt kann man die Schrauben der Ritzel Abdeckung lösen. Legt am besten eine Unterlage unter das Motorrad, bevor ihr diese abnehmt, da kommt meist viel Dreck heraus, der mit dem Kettenfett zusammen schöne Flecken auf dem Boden hinterlassen kann. Nun könnt ihr den Raum für das Ritzel mit einem Schaber oder Schraubenzieher grob auskratzen, das muss nicht sauber werden, aber der grobe Dreck sollte dennoch raus. Es kommt das zweite Paar Hände ins Spiel. Bei gedrückter Hinterradbremse die Schraube des Ritzels nur anlösen, nicht abschrauben! Die gedrückte Hinterradbremse verhindert, dass ihr beim Anlösen der Schraube nur den Motor durchdreht, die Bremse hält alles am Platz, sodass die Schraube mit etwas Kraftaufwand gelöst werden kann. Als nächstes könnt ihr mit eurem Kettentrenner oder Winkelschleifer die Kette öffnen und herausziehen. Da nun die Kette draußen ist, könnt ihr entspannt das Ritzel vollends abschrauben. Ebenfalls könnt Ihr nun da Hinterrad leicht herausnehmen.
Beim Arbeiten mit dem Winkelschleifer sehr vorsichtig sein, denn wenn der an die Felge oder den Reifen kommt ist im besten Fall nur eine dicke Schramme drin!
Liegt das Rad nun bei euch auf dem Tisch, könnt Ihr mit der Demontage des Kettenblattes beginnen. Dazu müsst Ihr nur die Muttern rund herum lösen. Am besten einmal im Sternmuster alle Muttern anlösen und dann alle losschrauben. Bei mir saßen die Muttern extrem fest, hierbei half mir die Muttern mit dem Heißluftföhn etwas zu erwärmen und damit Bewegung ins Gewinde zu bringen. Danach gingen alle Muttern relativ leicht ab.
Montage neure Kettensatz:
So, nun da der alte Kettensatz raus ist, kann man mit der Montage des Neuen beginnen.
Anfangen würde ich jedoch mit dem reinigen alle Komponenten. Die Schwinge und Gleitschiene entfetten, die Auflagefläche für die Ritzel reinigen und mit etwas Bremsenreiniger die Gewinde aller Schrauben von Dreck und von altem Loctite befreien. Außerdem wäre es ratsam die Kettenspanner an der Schwinge an beiden Seiten gleichmäßig auf die kürzeste Ketteneinstellung zu drehen. Da die neuen Kette logischerweise kürzer sein wird, als die gelängte, alte. So spart man sich später etwas Arbeit. Dazu löst Ihr auf beiden Seiten Kontermuttern, die hinten senkrecht aus der Schwinge schauen. Danach könnt Ihr die Kettenspanner einfach auf die vorderste Einstellung drehen. Achtet darauf, dass die Markierungen an den Spannern, die in den Schlitzen der Schwinge zu sehen sind, auf beiden Seiten genau gleich eingestellt sind.
Angefangen wird beim Kettenblatt am Hinterrad. Wie herum das Kettenblatt auf den Flansch muss ergibt sich oft aus der Form. Die Seite mit der schönen Flachen Seite sollte meist die Kontaktfläche zum Flansch sein. Kettenblatt auf die Stehbolzen setzen und alle Gewinde der Stehbolzen unten mit einem kleinen Tropfen Loctite versehen. Anschließend alle Muttern vorerst handfest aufdrehen. Sind alle Muttern am Kettenblatt , werden sie sternförmig und gleichmäßig auf ein Anzugsmoment von 86Nm gebracht. Das Rad kann dann schonmal zurück ins Motorrad eingebaut werden. Das geschieht in umgekehrter Reihenfolge zum Ausbau.
Lasst die Achsmutter vorerst an der Seite liegen, als kleine Erinnerung nachher die Kettenspannung korrekt einzustellen und die Achse mit dem Richtigen Moment anzuziehen.
Das Ritzel kann auch schon so gut wie möglich angeschraubt werden. Wie herum entscheidet sich ähnlich wie beim Kettenblatt. Die Ritzel sind jedoch oft symmetrisch, es ist dann also egal wie herum sie eingebaut werden. Sind beide Zahnräder am Motorrad könnt ihr schonmal die Kette einschleifen. Die offene Seite der Kette am besten oben halten, dort kann man sie am einfachsten schließen. Sollte eure Kette ein Hohlnietschloss besitzen, einfach die beiden Durchgangsnieten mit dem beiliegenden Fett gut einmotten und durch die beiden Enden der Kette Stecken, sodass die Enden der Hohlnieten nach außen zeigen. Nun die andere Seite nochmal leicht einfetten, jeweils einen O-Ring überstülpen und die Außenlasche auf die Niete drücken, ggf. mit einer kleinen Zange vorsichtig zusammendrücken, bis sie schön hinten anliegt. Jetzt das Nietwerkzeug ansetzten, und damit die Niete aufdrücken, bis sie schön weit aufgespreizt ist. Beim Aufspreizen immer mal wieder das Werkzeug absetzten und kontrollieren, ob das Kettenglied noch freigängig ist. Hierzu gibt es aber genug Videos auf YouTube zum anschauen, beachtet ggf. auch die Anleitungen die eurem Werkzeug beiliegen.
Persönlich kann ich beim Nietwerkzeug nur dazu raten sich direkt ein richtiges zuzulegen. Ich habe mir den billigen Kettennieter von AFAM für +/- 25 Euro bestellt, der hat zwar seinen Job getan, jedoch eher schlecht als recht und war danach reif für die Mülltonne. Deswegen lieber zu einem Nieter greifen, der etwas teurer ist, denn der hält auch und macht die Arbeit wesentlich leichter.
Ist das Kettenblatt am Hinterrad dran und die Kette richtig geschlossen, könnt ihr die Schraube des Ritzels herausdrehen, etwas Loctite darauf geben, erneut die Hinterradbremse betätigen und das ganze mit 54Nm festschrauben. Jetzt könnt Ihr schon einmal die Ritzel Abdeckung und den Schalhebel wieder anbringen. Bei der Schraube am Schalthebel auch gerne noch einen Tropfen Loctite drauf, die löst sich, zumindest bei meinem Motorrad, ohne über die Zeit sonst.
Kette spannen:
Nun geht es daran die Kette auf die korrekte Spannung zu bringen.
Zunächst überprüft Ihr noch einmal anhand der Markierungen an den Spannern, ob diese auch gleich eingestellt sind. Normalerweise würde man sich die lascheste Stelle der Kette suchen und anhand derer die Spannung einstellen. Bei einer neuen Kette ist das nicht nötig, da sie noch nicht gelängt und somit überall gleich lang ist.
Ihr zieht nun die Mutter, mit der Ihr vorhin die Spanner nach vorne gedreht habt langsam auf beiden Seiten gleichmäßig um jeweils eine halbe bzw. eine Viertel Umdrehung an. Das Handbuch gibt einen Kettendurchhang auf dem Seitenständer von 30-40mm vor. Mit einem Zollstock diesen nachmessen und die Muttern entsprechend weit anziehen. Ist die Kette richtig gespannt, werden die Kontermuttern mit einem Moment von 21Nm angezogen.
Anschließend die Achsmutter wieder anschrauben und mit 98Nm festziehen. Dabei darauf Acht geben, dass die Einsteller für die Kettenspannung hinten richtig an der Schwinge anliegen. Nicht vergessen die Hinterradbremse wieder aufzupumpen, sonst gibt's beim ersten bremsen ein böses Erwachen!
Noch einmal danach auf das Motorrad setzten und den Kettendurchhang prüfen, ggf. auch nochmal nachjustieren, dafür muss man etwas Gefühl bekommen.
Anschließend die Kette noch ausgiebig Fetten und und schon ist der Kettensatz neu!
Vor allem bei den ersten paar hundert Kilometern die Kettenspannung bei neuen Ketten im Auge zu behalten, da sie sich hier am meisten längen.
Einfach entsprechend die Spannung nachjustieren.
Gruß
Max