Beiträge von Ulrich


    Im Übrigen hatte ich mich gegen den Billighelm von Lidl ausgesprochen ... das passt ins Bild ... so etwas ist "linksradikale Ideologie", glasklar ... :character-bart:


    Was verstehst Du unter "linksradikaler Ideologie"? Ich argumentiere auf der Grundlage von nachvollziehbaren Fakten! Wenn Du die Idee einer sozial gerechteren Welt - konkret hier: einer europäischen Gemeinschaft, die nicht von Banken und Konzernen "regiert" wird - als "linksradikale Ideologie" bezeichnen möchtest, ja, dann bekenne ich mich dazu ... :roll:


    Jetzt braucht es nur noch die wiederholte und unselige Gleichsetzung von "Freier Marktwirtschaft" und "Demokratie" und das dumme Insistieren auf "Alternativlosigkeit" ... :twisted:

    Wer auf Einhaltung der Verträge im Sinne der Troika insistiert, hat offenbar nicht begriffen, wie "Entwicklungshilfe" aussieht, wo sich der IWF beteiligt. Das sind regelrechte Knüppelverträge, die nichts anderes zum Ziel haben, als ganze Volkswirtschaften zu zerstören (oder zumindest in Abhängigkeit zu bringen und zu halten) und Märkte für den Export zu sichern. Es funktioniert immer nach demselben Fahrplan und hat immer die eigenen Interessen im Sinn, nicht die der Bedürftigen. Die nationalen Parlamente werden entmündigt, soziale Etats zusammengestrichen, Zollschranken einseitig abgebaut, durch erzwungene Privatisierungen das Tafelsilber verscherbelt, Arbeitsplätze zerstört und Zinsen herausgepresst, die auf Dauer kaum ein Land bezahlen kann und deshalb in langfristige Abhängigkeit geraten muss. Wer es wissen möchte, kann sich ja mal mit der Geschichte Lateinamerikas befassen. Dort alleine gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wie das Monopoly des IWF (mithilfe der Weltbank) funktioniert; derzeit ist der Süden Europas (mit Unterstützung der EZB) an der Reihe!


    Was 2010 erfolgte, war nichts anderes als eine Insolvenzverschleppung unter der maßgeblichen Beteiligung Deutschlands, Frankreichs und Belgiens. Griechenland heute dafür alleine in Haftung nehmen zu wollen, ist völlig inakzeptabel. Angesichts der sozialen Not in Griechenland wäre dies außerdem inhuman, unlauter und unmoralisch. Und natürlich sind Banken gerettet worden 2010, die für einen Schuldenschnitt hätten Forderungen abschreiben müssen. Die normale griechische Bevölkerung, die sich nicht bereichern konnte, muss heute dafür leiden. Die heutige Regierung von Alexis Tsipras hat die Misswirtschaft und die Korruption der bisherigen Regierungen nicht zu verantworten. Tsipras musste die Schuldenlast übernehmen und muss jetzt alles versuchen, das bisherige Elendsprogramm zu beenden und wieder vernünftige Strukturen aufzubauen. Aber genau das wird offensichtlich doch nicht gewünscht, allen voran stellt sich der deutsche Finanzminister mit aller Macht quer! Weshalb wohl?


    Auf die Einhaltung des bisherigen Programmes der Troika zu beharren, ist volkswirtschaftlich völliger Irrsinn und zerstört jeglichen Handlungsspielraum für wirkliche Reformen. Dieses Programm hat in den letzten 15 Jahren nur soziales Elend und den Ausverkauf griechischen Tafelsilbers bewirkt, während die superreichen Griechen ihr Kapital ins (europäische!!!) Ausland transferieren konnten ... unter den Augen der Troika, der man wirklich nicht unterstellen sollte, dass ihre Bürokraten alles Deppen sind (worauf einer der Diskutanten zu Recht besteht), was den Sachverhalt allerdings nicht besser erscheinen lässt, das Gegenteil ist der Fall, denn die bewusste Absicht kann kaum mehr verleugnet werden! Wer weiterhin darauf besteht, hat nichts aber auch gar nichts verstanden ... oder gehört schlechtweg zu den Profiteuren dieses perfiden Programmes, welches im Übrigen jegliche demokratische Legitimation entbehrt! Ich, als wahlberechtigter Bürger eines EU-Landes, wurde im Übrigen nicht gefragt, ob ich den EURO einführen möchte. Wie war das in Griechenland, wo angeblich die Wähler für all das heutige Leid verantwortlich sein sollen? Gerade jetzt, wo das erste Mal eine griechische Regierung ihre Wahlversprechen einhalten will, wird dies mit aller Macht zu verhindern versucht ... welche Doppelzüngigkeit! Und da wundern sich manche über die derzeitige Rhetorik griechischer Regierungsvertreter.


    Das Zurückwerfen Griechenlands auf die Drachme heute, bei einer geschätzten 30-prozentigen Differenz zum EURO, wäre eine Katastrophe, weil Griechenland derzeit auf bestimmte Importe auch aus der EU angewiesen ist, doch das hatte ich ja schon angeführt. Was Griechenland braucht ist ein sofortiger Schuldenschnitt und die ehrliche Unterstützung bei der Entmachtung der alten, korrupten Strukturen. Doch ein solches Beispiel würde ja die Macht der Eliten auch in anderen EU-Ländern gefährden, spricht man allenthalben schon von der Angst vor Nachahmeffekten in Spanien, Italien, Portugal ... die Interessenlage ist durchaus durchschaubar!


    Nein, eben nicht! Die hinterzogenen Steuergelder und das verscherbelte Tafelsilber fließt doch so nicht in die Volkswirtschaft Griechenlands und anderer EU-Länder zurück. Im Gegenteil, die Hinterzieher werden damit noch belohnt und ermutigt. Weshalb setzte die Troika nicht mit aller Macht durch, dass zumindest innerhalb der EU endlich die Steuerschlupflöcher und Oasen geschlossen werden, anstatt in den südlichen Ländern erstmal sozialen Kahlschlag durchzupeitschen, Griechenland ist ja nicht das einzige Land, das sich nicht mehr selbst regieren darf, sondern von den Bürokraten des Europas der Konzerne und Spekulanten erniedrigt und gedemütigt wird.


    Die Krisengewinnler wollen offenbar kein Europa der Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft, sondern nur ihre eigenen Vorteile ... und nach uns die Sintflut!


    Das kann ich gut nachvollziehen und verstehen. Weil das Thema so komplex und vielschichtig ist, ist das populistische Reduzieren auf "die korrupten und faulen Griechen" fatal und völlig inakzeptabel. :evil:
    Ich habe deshalb ein paar kontroverse Gedanken formuliert, allerdings in dem Bewusstsein, dass dieses Forum denkbar ungeeignet ist, eine wirklich qualifizierte Diskussion dazu zu führen... :roll:
    ...ganz ohne Gegenrede kann ich das "Griechen-Baching" nicht durchgehen lassen, egal wo es gerade in meinem Beisein stattfindet ... :naughty:


    Dass der EURO zumindest zu früh kam, daran besteht kein Zweifel und auch nicht daran, dass die Regeln in der EURO-Gemeinschaft nicht eingehalten worden sind ... auch seitens Deuschlands. Es ist auch nicht so, dass man sich über Griechenlands Wirtschafts- und Finanzlage nicht im Klaren war, bevor aus politischen Gründen die Aufnahme durchgesetzt wurde; die sogenannten Troika-Institutionen, die heute die Griechen weiter ausbluten lassen wollen, waren teils gar behilflich beim Schönrechnen und Frisieren der Bilanzen, das ist auch längst kein Geheimnis mehr, wird aber in den deutschen "Qualitätsmedien" kaum diskutiert.


    Vor allem Deutschland und Frankreich wollten ja auch nach Griechenland exportieren und unsere Banken waren bereit den Konsum zu finanzieren, gleichwohl im Bewusstsein, dass die Verschuldung Griechenlands zunahm und kaum mit der Tilgung der Kredite zu rechnen war; ... ganz abgesehen von der weltweiten Zockerei der großen Banken, aus deren Krise dann schnell eine Krise für viele Volkswirtschaften geworden ist. Da Griechenland Teil der EU-Grenze ist, die ja nach außen abgeschottet werden soll, wurde Griechenland seitens der NATO ein immenser Etat für militärisches Gerät aufgezwungen und auch hier war Deutschland mit seinen Exporten lange wirtschaftlicher Nutznießer, bespielsweise!


    Hätten die EU-Gremien unter maßgeblicher Beteiligung der deutschen Kanzlerin 2010 den "Rettungsschirm" nicht beschlossen, sondern den Konkurs Griechenlands anerkannt und mit sinnvollen Maßnahmen (Schuldenschnitt) bei der Abwicklung und der Neustrukturierung des Landes tatsächlich geholfen, dann wäre die Situation heute eine andere und das soziale Elend in Griechenland hätte bei Weitem nicht das heutige Ausmaß angenommen; aber man wollte ja die Banken retten, vor allem die französischen und die deutschen! Die deutschen und andere Steuerzahler in der EU bezahlen nicht für die Korruption und die angebliche Faulheit der Griechen, sondern die Gewinne jener Konzerne und Unternehmen, die Export nach Griechland betrieben haben ... und für die Zockerei der Banken, auch der großen deutschen Banken.


    Da Griechenland weiter auch auf Importe aus der EU angewiesen ist, um Industrie und Wirtschaft neu aufbauen zu können, wäre der Grexit heute, anders als 2010, eine weitere Verschärfung der Situation in einem ohnehin am Boden liegendem Land. Sollte so etwas Ausdruck des europäischen Geistes sein?


    Die neue Regierung in Griechenland lässt kaum Zweifel daran, dass sie die strukturellen Probleme erkannt hat und beseitigen möchte. Aber sie hat einen entscheidenden Makel: sie ist eine linke Regierung, was natürlich die meisten neoliberalen Regierungen in der EU ziemlich stört. Anstatt diese neue Regierung in Athen nun zu strangulieren, weil nicht sein kann, was nicht sein darf, sollte endlich der Schuldenschnitt erfolgen und vernünftige Aufbauhilfe geleistet werden. Ein erster Schritt wäre, dass auch Deutschland jene griechischen Vermögen nach Athen meldet, die korrupter Weise von Griechenland nach Deutschland transferiert worden sind. Ich finde jedenfalls das Griechenland-Baching, das insbesondere von einschlägigen Medien lautstark betrieben wird, weit unter der Würde einer humanen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, einer Gesellschaft die sich die Menschenrechte auf die Fahnen geschrieben hat und ihre sogenannten Werte in alle Welt tragen möchte ...


    Zu dem Thema "Troika" gab es erst kürzlich auch einen der seltenen guten Beiträge im Öffentlich-rechtlichen Fernsehen, bei ARTE: Macht ohne Kontrolle, unbedingt anschauen!