Zitat von henry86Alles anzeigenWofür setzen wir uns eigentlich ein?
Wovon träumen wir heute noch? Das möglichst alles bleibt, wie es ist ...
Ist doch eigentlich ziemlich traurig, oder? Nie hatten wir bessere Möglichkeiten, die Welt wirklich zu verändern, mehr Frieden zu schaffen, und Wohlstand für alle zu realisieren.
Stattdessen tun wir nichts, und haben Angst, dass wir den Wohlstand, den wir haben, was wir dem Glück der späten Geburt verdanken, verlieren werden ...
Reichtum macht offenbar träge, faul und ängstlich!?
Beste Grüße,
henry
Sehr berechtigte Fragen für meine Begriffe! Wofür setzen wir uns ein? (Wobei das "wir" natürlich recht schwer einzugrenzen oder zu definieren ist. Darum besteht bei allen Überlegungen immer die Gefahr, jemandem auf den Schlips zu treten, ihm Dinge vorzuwerfen, die ihn gar nicht betreffen. Ich meine alles, was ich hier sage nicht persönlich auf jemanden bezogen!)
Es scheint wirklich so, dass wir uns nur noch dafür einsetzen, den nächsten Urlaub zu sichern, Weihnachten möglichst all das im Überfluss zu uns nehmen zu können, was uns von allen Seiten in der Glotze, in Reklameblättchen oder sonstwo als erstrebenswert aufgedrängt wird und jeden, von dem wir uns eine Gefahr für diese Saturiertheit zusammenkonstruieren, erstmal abzulehnen, zu diskreditieren oder gar zu kriminalisieren.
Ja, Reichtum macht träge, faul und ängstlich. Was teilweise sogar zu verstehen ist, meine ich. Wenn die Möglichkeit besteht, Liebgewonnenes wieder abgeben zu müssen, weil Fremdes in unser Leben eindringt, meldet sich der Neandertaler in uns. Zur Zeit seiner Existenz war es u. U. für diese Existenz bedrohlich, wenn er von seinem kargen unter Mühen erlangten Essen etwas abgeben sollte. Und so hat er das Erreichte verteidigt, oft mit Gewalt. Damals war dieses Verhalten überlebensnotwendig, heute erreichen wir das Gegenteil damit.
Das Aquarium, in dem wir leben, Erde genannt, füllt sich zusehends und in immer schnellerem Tempo. Es ist jetzt schon nicht mehr genug für alle da, da helfen auch Ernährungsprogramme nicht sonderlich weiter, schon gar nicht, wenn sie so betrieben werden, wie sie betrieben werden. Die Ressourcen werden weniger, der Kampf um sie umso erbitterter.
Dass die Reichen - ich weiß, das ist sehr verallgemeinernd, ich finde aber keinen anderen Ausdruck dafür - immer reicher werden und das auf Kosten der Armen, ist bekannt und sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Was arm und was reich ist, ist allerdings auch relativ, wie wir gerade erleben müssen. Die Reaktionen aber ähneln sich auf allen Ebenen.
"Otto Normalverbraucher" ist tw. neidisch auf "die Reichen" und findet es nicht gut, dass die auf ihrem Geld hocken. "Sollen sie doch mal was abgeben, mir geht's schlecht!"
Und wie verhält sich "Otto Normalverbraucher", wenn ihm nur die Möglichkeit vor Augen schwebt, dass er etwas von seinem "Reichtum" - denn so muss man das nennen, wenn man es mit dem vergleicht, was die Flüchtlinge noch ihr eigen nennen - abgeben soll, und wenn es nur 1% ist? Er verhält sich genauso wie die von ihm kurz vorher angeprangerten "Reichen".
Es müsste ein Umdenken stattfinden. Ein insgesamtes Umdenken. Dahingehend, dass wir alle auf derselben Erde leben und es auch - noch - können, wenn wir uns der Begrenztheit der Ressourcen mal endlich bewusst würden. Natürlich spielen da noch andere Dinge mit hinein. Verschiedene Kulturen z. B. wobei man manchmal sich nicht traut, diesen Begriff überhaupt zu nennen, wenn man sich den IS ansieht oder das, was die Taliban z. B. mit Kulturgütern derer machen, die sie geistig nicht erreichen können, weil ihnen der Geist eben fehlt.
Und genauso natürlich haben wir Angst - siehe Titel des Threads - dass wir von anderen Kulturen überrannt werden könnten, sie uns ihre Lebensweise aufzwingen wollen, uns unseren "Reichtum" wegnehmen könnten.
Trotzdem finde ich, es wäre einen Versuch zumindest wert, mit denen, die jetzt zu uns kommen, aus welchen Gründen auch immer, zu reden. Wirklich zu reden, nicht von vornherein ihnen von uns aus vorschreiben, wie sie von jetzt an zu leben haben. Klar muss die Bereitschaft, hier eine glaubhafte Integrationsbereitschaft dahingehend zu zeigen, eben nicht hier eine Parallelgesellschaft einrichten und sie sich von uns bezahlen lassen zu wollen, deutlich werden. Pegida hilft da wenig, auch wenn ich von dort Mitgehenden recht ruhige und nachvollziehbare Bedenken erfahren habe.
Nun wäre es an der Zeit, dass die Politik brauchbare Entscheidungen träfe. Das fehlt mir doch deutlich. Die Einen wollen alle Menschen der Erde hier haben, die anderen gar keinen. Das wird die Lösung nicht sein können, wenn es denn überhaupt eine "Lösung" gibt, die allen einigermaßen gerecht wird. Statt nun aber sich zusammenzusetzen und machbare Pläne zu entwickeln, wird vielerorts nur draufgehauen. Ganz konkret, wenn auch unter etwas anderen Vorzeichen, macht die BRD das in Syrien, obwohl dort in keiner Weise die Verhältnisse so sind, dass man wirklich wüsste, was man mit dem Draufhauen erreicht.
Im Kleinen, so erfuhr ich hier in der Gegend, versuchen die Menschen, das anders zu machen. Abgesehen von einigen, die es einfach nicht kapieren wollen, ist die Hilfsbereitschaft groß und das Engagement ebenfalls. Vielleicht wäre es deutlich sinnvoller gewesen, die 135 Mio Euro, die wir jetzt in den Einsatz in einer Gegend pumpen, die von unseren amerikanischen Freunden (?) völlig destabilisiert worden ist, hier für ein gedeihliches Zusammenleben mit ärmeren Menschen, als wir es sind, zu investieren? Und damit meine ich alle (!) ärmeren Menschen, nicht nur die jetzt hier eintreffenden. Denn ein gerüttelt Maß an Neid, Missgunst und auch Angst wäre sicherlich zu vermeiden, wenn nicht der Eindruck entstünde, denen, die sowieso nicht so sonderlich viel haben - und davon gibt's inzwischen mehr als genug in Deutschland - würde noch mehr abgenommen, während weiter 10% der Bevölkerung 90% des Geldes bei sich horten würde.
Nein, ich habe kein Patentrezept irgendwo versteckt. Nur meine ich mit Draufhauen, egal ob geistig oder körperlich, werden wir nichts erreichen.
Immer noch sehr nachdenkliche Grüße
ExDeau