Beiträge von Otto

    Es regnet, es regnet die Straßen sind nass... Ich habe trotzdem Lust auf Motorrad; wenn also nicht fahren, dann wenigstens schreiben: Hier also mein persönlicher Vergleichstest von
    Daisy (Honda NC 750 SD, 2200 km seit 28.3.14, über 48 PS ab 5000 U/min, über 65 Nm ab 2500 U/min), Paula (Honda CBF 600 NA, 57000 km seit 2008, über 65 PS ab 8000 U/min, über 50 Nm ab 4000 U/min) und Victoria (Kawasaki W 650, 91000 km bis vor 2 Monaten, über 35 PS ab 5000 U/min, über 50 Nm ab 2500 U/min). Ich selbst habe solche Erfahrungsberichte immer gern gelesen; vielleicht gibt der von mir geschriebene Anregungen, worauf man bei einer Probefahrt achten kann. Zum Vergleich schicke ich die drei Maschinen auf eine Tour von 200 km rund um Ostfriesland zu einem bekannten Motorradtreff im Ammerland.


    Wir verlassen also das Haus und schauen die Maschinen erst einmal an. Da ist Victoria auf den ersten, zweiten, ... Blick ein aus allen Perspektiven wunderschönes Krad, das auch durch den Kofferträger und die kleine Tasche auf dem Gepäckträger (für Regenhose und Pullover) nur wenig entstellt wird - jedenfalls wenn man seine Koffer so liebt wie ich. Auf Parkplätzen ist Victoria immer ein Blickfang. Dann Paula, die auf den ersten Blick nach völligem 08/15-Krad aussieht. Erst auf den zweiten Blick bemerkt man den cleanen Gesamtaufbau der Maschine und den hübschen Rundscheinwerfer und die klassischen Analoginstrumente. Pullover und Regenhose passen unter die Sitzbank. Auf Parkplätzen wird Paula meistens gar nicht bemerkt. Daisy wirkt dagegen gestreckter und niedriger, was gerade in rot durchaus elegant wirkt; die putzige Lampenverkleidung und das Instrumentenmäusekino lassen sie insgesamt aber doch etwas comichaft wirken, naja sie heisst ja auch Daisy. Für Regenhose, Pullover und ... hat Daisy ihr Staufach. Auf Parkplätzen wird sie nur von Leuten bemerkt, die sich für das neue Modell interessieren. Diese sind meistens schon ziemlich alt.


    Aber fahren wir los. Alle drei Maschinen springen gut an und lassen sich problemlos bedienen. Wir biegen also auf die Hauptstraße und beschleunigen auf Tacho 60. Daisy hat dabei dank ihres DCTs die Nase vorne; nach kurzer Beschleunigung sind Tacho 60 bei etwas über 2000 U/min im 5. Gang erreicht. Dann kommt Victoria, die bei 3000 U/min hoch geschaltet wird und bei Tacho 60 im 4. Gang 2500 U/min auf der Uhr hat. Schließlich kommt Paula, die hier einfach 2 Gänge zu viel hat, die von mir überschaltet werden, und die Tacho 60 bei 2500 U/min im 6. Gang erreicht. Bei konstanter Geschwindigkeit ballert Victoria angenehm verhalten vor sich hin, Daisy brummt leise und dank Hubzapfenversatz wie ein großer V2-Motor (etwa wie eine 1500er Kawa) und Paula schnurrt leise aber hörbar (nicht unhörbar wie eine 1250er Bandit).


    Endlich kommt das Ortsschild und vor uns liegt eine gut ausgebaute Landes- oder Kreisstraße. Alle drei Maschinen lassen sich im letzten Gang schön rund fahren. Dabei ballert Victoria bei 80 bis 110 fröhlich vor sich hin und schickt ein angenehmes Pulsieren (=Schwungmassieren) in die Griffe und Rasten. Daisy brummt mit 85 bis 120 mit leichtem und angenehmem Pulsieren über die offene Straße. Paula schnurrt mit 100 bis 120 über den Asphalt, dabei ist ein leichtes Kribbeln - nicht angenehm aber auch nicht störend - zu spüren.
    Beim Kurvenfahren kann man Paula bis zum Stiefelaufsetzen (Rastenaufsetzen mach ich nicht, da hab ich Angst) runterziehen, dann ist man schon schneller als die meisten anderen Verkehrsteilnehmer. Die übrigen wären wahrscheinlich auch beim Fahren bis zum Rastenaufsetzen schneller. Bei Daisy setzen die Stiefel erstaunlich früh auf, weshalb man beim schnellen Kurvenfahren den inneren Fuß etwas hochstellen muss; dann ist man aber kaum langsamer als mit Paula. Victoria rümpft über solche Eile nur die Nase und belässt es dabei, schneller als viele der übrigen Verkehrsteilnehmer zu sein zu können - aber nur wenn es unbedingt sein muss. Es muss fast nie sein.


    Kommen wir nun zum Überholen: Victoria zieht im lang übersetzten 5. Gang (3600 U/min bei Tacho 100) nicht richtig, muss also in den 4. runtergeschaltet werden; dieser geht bis etwa 6000 U/min bei Tacho 130 - weiterdrehen bringt nichts. Begleitet wird das Ganze von einem Supertwinsound. Die Leistung reicht zum Überholen völlig aus. Auch Daisy zieht im letzten Overdrive-Gang (3200 U/min bei Tacho 100) nicht richtig, schaltet aber dank Kick-down des DCTs je nach Gasgeben automatisch 1, 2 oder 3 Gänge runter und dann auch wieder hoch. Das satte V2-Brummen wird dabei etwas präsenter und verändert seine Tonlage; ein unaufgeregter lässiger Sound, der mir gefällt. Die Leistung beim Überholen ist ausreichend (5. Gang) bis rasant (3. Gang). Paula kann im letzten Gang (4500 U/min bei Tacho 100; hier fehlt ein Overdrive) problemlos überholen. Wenn man richtig Druck haben will, kann man aber auch 2 oder 3 Gänge runterschalten; der 3. Gang geht bis 10500 U/min bei Tacho 160 - weiterdrehen bringt nichts bis dahin drehen ist aber deutlich illegal. Dabei gibt es legalen Vierzylindersound vom feinsten: bei etwa 5000 U/min wird aus dem Schnurren ein Brummen, das dann ab 8000 U/min in das typische Vierzylinderkreischen übergeht. Muss ich nicht oft haben, gefällt mir dann aber sehr.


    Wer Gas gibt muss auch bremsen. Hier kann ich nur sagen, dass eine Vollbremsung ohne ABS mit einer wegen vergleichsweise hoher benötigter Handkraft schwerer Dosierbarkeit bei Victoria totaler Mist ist. Für normale Bremsmanöver reicht die Bremse. Daisy und Paula bremsen einfach gut.


    Betrachten wir nun das Fahren auf Flickenteppichen. Alle drei lassen den Fahrer durchaus bemerken, was er seinem Krad zumutet. Dabei ist der Komfort auf Paula am besten, wenn auch nicht so gut wie auf einer BMW mit Telelever, dann folgt Daisy, deren Federelemente nicht so gut ansprechen wie die von Paula aber immer noch besser als die einer 1250er Bandit. Diese Maschinen bleiben bei allem Geruckel immer fahrstabil. Abgeschlagen folgt Victoria, deren Federelemente bei schlechtem Asphalt regelrecht trampelig wirken und die bei üblen Unebenheiten dann auch nicht mehr stabil liegt.


    Angekommen beim Motorradtreff weiß Victoria, dass sie über die Hälfte ihres Tagwerks getan hat, da sie für Tagestouren über 300 km einfach zu unbequem ist: Der Lenker ist zu hoch, die Sitzbank zu hart und das Fahrwerk zu unkomfortabel. Paula und Daisy können nach einem Kaffee und einer Zigarette für den Fahrer problemlos weiterfahren, die nächste Pause wird hier eher vom ausgehenden Sprit bestimmt. Ich (1,91m; 90 kg) sitze auf beiden auch bei Tagestouren von 500 km gut.


    Zur Soziustauglichkeit zitiere ich meinen Sohn, da sich für mich als Fahrer alle drei Maschinen auch mit Sozius gut fahren lassen. Er hat drei Anforderungen: die Sitzbank muss bequem sein (bei Paula und Victoria gegeben, bei Daisy etwas zu hart); der Soziussitz soll hoch genug sein, damit er etwas sehen kann (bei Paula und Daisy durch deutliche Sitzstufe gegeben, bei Victoria nicht), Es muss genug Platz für uns beide da sein (bei Paula und Victoria gegeben, bei Daisy kommen sich unsere Stiefel etwas ins Gehege).


    Bleibt der Verbrauch mitzuteilen: Paula 5 Liter pro 100 km, Daisy 4 Liter pro 100 km bei vergleichbarem Tempo, Victoria 4,5 Liter pro 100 km bei etwas geringerem Tempo.


    Das ganze schaut nach einem Punktsieg für Paula aus und ist es auch; ich habe Paula ja auch trotz des Kaufs von Daisy behalten. Aber Paula ist kein Zweizylinder, auch fehlt ihr dieser wunderbar lange 6. Gang und dieses schöne V2-Brummen. Meine Motorradträume handeln halt eher von dem, was Klacks Leverkus einen Büffel nannte, und das ist Daisy einfach mehr als Paula. So ist Daisy mein bisheriges Ergebnis auf der Suche nach dem perfekten Landstraßenmotorrad. Aber die Suche geht (hoffentlich) weiter.
    Viel Spaß bei eurer Suche wünscht
    Otto

    Moin,
    vielleicht hast Du den Schlüssel nicht weit genug gedreht, die Entriegelung greift erst in der zweiten Hälfte.
    Ansonsten probier mal die Suchfunktion, wenn ich mich recht erinnere, gab es das Problem schon mal.
    Viel Erfolg und freundliche Grüße
    Otto

    Da ich die Saison erst nächste Woche eröffne, habe ich Zeit einige Bemerkungen zur optimalen Geschwindigkeit zu machen. Dazu werde ich drei Fahrer mit Namen Paul Plan, Rudi Renner und Sven Spass auf eine 500 km-Tour aus einer norddeutschen Kleinstadt zum NC-Treffen nach Bebra schicken. Zunächst werde ich die Fahrer vorstellen, dann werden die drei sich zur optimalen Geschwindigkeit äußern.


    Paul Plans Steckenpferd ist Motorradfahren. Er hat nach 12 Jahren turnusmäßig sein altes Motorrad ver- und ein neues Motorrad gekauft. Nach fleißiger Recherche in der Fachpresse und im Internet fiel seine Wahl nach einer ausgiebigen Probefahrt beim örtlichen Hondahändler auf eine weisse NC 700 S DCT, die er bei einem billigen Händler in Süddeutschland mit TZ aber 0 km bestellt hat. An diese hat er das von ihm für sinnvoll und preiswürdig gehaltene Zubehör selbst montiert: Topcasehalter und Topcase, 12 Volt-Steckdose, Navi samt Navihalter, einfache Heizgriffe. Seine Fahrweise ist 100% StVO-konform, er fährt exakt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit (die Tachovoreilung von 6% berücksichtigt er dabei). Auf freier Strecke lässt er es meistens bei echten 90 km/h gut sein. Seine Route plant er vorher am Computer und fährt sie dann nach Navi ab. Er pflegt sein Motorrad penibel. Nach der Garantiezeit wird er alle Wartungsarbeiten streng nach Herstellervorgaben selbst erledigen.
    Rudi Renners Leben sind schnelle Motorräder. Er ist kein Raser, erfährt grundsätzlich nicht über 140 km/h, aber er ist auch keine Schnecke, er fährt nur wenn unbedingt notwendig langsamer als 120 km/h. Außer der NC besitzt er noch drei weitere Motorräder. Er fährt eine schwarze NC 750 S DCT, die er mit allem ausgestattet hat, was seinen Fahrstil unterstützt: Sportreifen und -auspuff, Wilbersfahrwerk, Chiptuning, niedriger Sportlenker und hochverlegte Fußrasten, angepasste Übersetzung... Er fährt nach seiner 15 Jahre alten Generalkarte, in die er stationäre Blitzer mit rot eingetragen hat. Er erledigt grundsätzlich alle Arbeiten an seinem Motorrad selbst und sorgt dafür das es immer in einem Topzustand ist.
    Sven Spassens Leidenschaft ist das Motorradfahren. Er fährt den 80-120-Stil, d.h. kommen ihm 80 km/h zu schnell vor sucht er eine schnellere Straße, kommen ihm 120 km/h zu langsam vor sucht er eine langsamere Straße. Außer der NC hat ein er noch ein weiteres Motorrad. Er fährt eine rote NC 750 S DCT, an die sein Händler das von ihm für angenehm gehaltene Zubehör montiert hat: Kofferträger und Sturzbügel, Hauptständer, Heizgriffe, Faltenbälge, Kettenöler, Kühlerschutz... Er hat sich einen Kartenausschnitt für die letzten 100 km ausgedruckt und fährt grob Richtung Süden bis er auf einen Ort seines Kartenausschnitts trifft, dann fährt er nach Karte. Wartungsarbeiten lässt er in der Werkstatt erledigen, wobei er nach der Garantiezeit die Intervalle nicht mehr so genau nimmt. An Pflege lässt er es mit gelegentlichen Grundreinigung und Einölen gut sein.


    Kommen wir nun zur Geschwindigkeit.


    Für Rudi ist die Sache einfach: Geschwindigkeit ist gleich zurückgelegte Wegstrecke geteilt durch die dafür benötigte Zeit. Die Zeit wird vom ersten Starten des Motorrades bis zum Abstellen am Ziel gezählt; notwendige Pausen zählen zur Fahrzeit. Es ergeben sich folgende Geschwindigkeiten:
    - Paul 520 km in 8 h, d.h. 65 km/h
    - Sven 600 km in 8 h, d.h. 75 km/h
    - Rudi 540 km in 6 h, d.h. 90 km/h.
    Für Paul ist die Sache deutlich komplizierter, da er zur reinen Fahrzeit den Zeitaufwand für Pflege und den Arbeitszeitaufwand für den Unterhalt der Maschine berücksichtigt.
    Er unterstellt allen drei Fahrern eine Haltedauer von 12 a bei einer jährlichen Fahrleistung von 8000 km und einen Stundenlohn von 15 €. Auf korrekte Abzinsung wird der Einfachheit halber verzichtet. Es ergeben sich an Aufwendungen für die Maschinen in der Reihenfolge Paul (Sven; Rudi):
    Jährlicher Wertverlust: 500 €/a (600; 600), d.h. 4,17 h/1000 km ( 5; 5)
    Steuern, Versicherung, Schutzbriefe: 80 €/a (120; 80), d.h. 0,67 h/1000 km (1; 0,67)
    Teile, Bekleidung, Werkstatt: 500 €/a (800; 650), d.h. 4,17 h/1000 km (6,67; 5,42)
    Sprit (1,60 €/Liter): 3 Liter/100 km (4; 5,5), d.h. 3,2 h/1000 km (4,27; 5,87)
    Pflege und Wartung: 2 h/Monat (15 min; 2 h), d.h. 3 h/1000 km (0,38; 3)
    Aufwand insgesamt: 15,21 h/1000 km (17,32; 19,96)
    Damit ergeben sich folgenden Realgeschwindigkeiten:
    - Paul 520 km in 8h Fahrzeit + 7,91 (= 15,21*0,52) h Aufwand, d.h. 32,7 km/h
    - Sven 600 km in 8 h Fahrzeit + 10,39 (= 17,32*0,6) h Aufwand, d.h. 32,6 km/h
    - Rudi 540 km in 6 h Fahrzeit + 10,78 (=19,96*0,54) h Aufwand, d.h. 32,2 km/h.


    Für Sven ist die Sache wieder einfach, nachdem er abends beim Bier von den anderen beiden erfahren hatte, dass beide einen genauso tollen Tag auf dem Motorrad hatten wie er:
    - Paul optimal 100 Gummipunkte
    - Rudi optimal 100 Gummipunkte
    - Sven optimal 100 Gummipunkte.


    Fazit: Das muss jeder selber ziehen.


    Mit besten Wünschen Otto