Bemerkungen zur optimalen Geschwindigkeit

  • #1

    Da ich die Saison erst nächste Woche eröffne, habe ich Zeit einige Bemerkungen zur optimalen Geschwindigkeit zu machen. Dazu werde ich drei Fahrer mit Namen Paul Plan, Rudi Renner und Sven Spass auf eine 500 km-Tour aus einer norddeutschen Kleinstadt zum NC-Treffen nach Bebra schicken. Zunächst werde ich die Fahrer vorstellen, dann werden die drei sich zur optimalen Geschwindigkeit äußern.


    Paul Plans Steckenpferd ist Motorradfahren. Er hat nach 12 Jahren turnusmäßig sein altes Motorrad ver- und ein neues Motorrad gekauft. Nach fleißiger Recherche in der Fachpresse und im Internet fiel seine Wahl nach einer ausgiebigen Probefahrt beim örtlichen Hondahändler auf eine weisse NC 700 S DCT, die er bei einem billigen Händler in Süddeutschland mit TZ aber 0 km bestellt hat. An diese hat er das von ihm für sinnvoll und preiswürdig gehaltene Zubehör selbst montiert: Topcasehalter und Topcase, 12 Volt-Steckdose, Navi samt Navihalter, einfache Heizgriffe. Seine Fahrweise ist 100% StVO-konform, er fährt exakt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit (die Tachovoreilung von 6% berücksichtigt er dabei). Auf freier Strecke lässt er es meistens bei echten 90 km/h gut sein. Seine Route plant er vorher am Computer und fährt sie dann nach Navi ab. Er pflegt sein Motorrad penibel. Nach der Garantiezeit wird er alle Wartungsarbeiten streng nach Herstellervorgaben selbst erledigen.
    Rudi Renners Leben sind schnelle Motorräder. Er ist kein Raser, erfährt grundsätzlich nicht über 140 km/h, aber er ist auch keine Schnecke, er fährt nur wenn unbedingt notwendig langsamer als 120 km/h. Außer der NC besitzt er noch drei weitere Motorräder. Er fährt eine schwarze NC 750 S DCT, die er mit allem ausgestattet hat, was seinen Fahrstil unterstützt: Sportreifen und -auspuff, Wilbersfahrwerk, Chiptuning, niedriger Sportlenker und hochverlegte Fußrasten, angepasste Übersetzung... Er fährt nach seiner 15 Jahre alten Generalkarte, in die er stationäre Blitzer mit rot eingetragen hat. Er erledigt grundsätzlich alle Arbeiten an seinem Motorrad selbst und sorgt dafür das es immer in einem Topzustand ist.
    Sven Spassens Leidenschaft ist das Motorradfahren. Er fährt den 80-120-Stil, d.h. kommen ihm 80 km/h zu schnell vor sucht er eine schnellere Straße, kommen ihm 120 km/h zu langsam vor sucht er eine langsamere Straße. Außer der NC hat ein er noch ein weiteres Motorrad. Er fährt eine rote NC 750 S DCT, an die sein Händler das von ihm für angenehm gehaltene Zubehör montiert hat: Kofferträger und Sturzbügel, Hauptständer, Heizgriffe, Faltenbälge, Kettenöler, Kühlerschutz... Er hat sich einen Kartenausschnitt für die letzten 100 km ausgedruckt und fährt grob Richtung Süden bis er auf einen Ort seines Kartenausschnitts trifft, dann fährt er nach Karte. Wartungsarbeiten lässt er in der Werkstatt erledigen, wobei er nach der Garantiezeit die Intervalle nicht mehr so genau nimmt. An Pflege lässt er es mit gelegentlichen Grundreinigung und Einölen gut sein.


    Kommen wir nun zur Geschwindigkeit.


    Für Rudi ist die Sache einfach: Geschwindigkeit ist gleich zurückgelegte Wegstrecke geteilt durch die dafür benötigte Zeit. Die Zeit wird vom ersten Starten des Motorrades bis zum Abstellen am Ziel gezählt; notwendige Pausen zählen zur Fahrzeit. Es ergeben sich folgende Geschwindigkeiten:
    - Paul 520 km in 8 h, d.h. 65 km/h
    - Sven 600 km in 8 h, d.h. 75 km/h
    - Rudi 540 km in 6 h, d.h. 90 km/h.
    Für Paul ist die Sache deutlich komplizierter, da er zur reinen Fahrzeit den Zeitaufwand für Pflege und den Arbeitszeitaufwand für den Unterhalt der Maschine berücksichtigt.
    Er unterstellt allen drei Fahrern eine Haltedauer von 12 a bei einer jährlichen Fahrleistung von 8000 km und einen Stundenlohn von 15 €. Auf korrekte Abzinsung wird der Einfachheit halber verzichtet. Es ergeben sich an Aufwendungen für die Maschinen in der Reihenfolge Paul (Sven; Rudi):
    Jährlicher Wertverlust: 500 €/a (600; 600), d.h. 4,17 h/1000 km ( 5; 5)
    Steuern, Versicherung, Schutzbriefe: 80 €/a (120; 80), d.h. 0,67 h/1000 km (1; 0,67)
    Teile, Bekleidung, Werkstatt: 500 €/a (800; 650), d.h. 4,17 h/1000 km (6,67; 5,42)
    Sprit (1,60 €/Liter): 3 Liter/100 km (4; 5,5), d.h. 3,2 h/1000 km (4,27; 5,87)
    Pflege und Wartung: 2 h/Monat (15 min; 2 h), d.h. 3 h/1000 km (0,38; 3)
    Aufwand insgesamt: 15,21 h/1000 km (17,32; 19,96)
    Damit ergeben sich folgenden Realgeschwindigkeiten:
    - Paul 520 km in 8h Fahrzeit + 7,91 (= 15,21*0,52) h Aufwand, d.h. 32,7 km/h
    - Sven 600 km in 8 h Fahrzeit + 10,39 (= 17,32*0,6) h Aufwand, d.h. 32,6 km/h
    - Rudi 540 km in 6 h Fahrzeit + 10,78 (=19,96*0,54) h Aufwand, d.h. 32,2 km/h.


    Für Sven ist die Sache wieder einfach, nachdem er abends beim Bier von den anderen beiden erfahren hatte, dass beide einen genauso tollen Tag auf dem Motorrad hatten wie er:
    - Paul optimal 100 Gummipunkte
    - Rudi optimal 100 Gummipunkte
    - Sven optimal 100 Gummipunkte.


    Fazit: Das muss jeder selber ziehen.


    Mit besten Wünschen Otto

    Die Welt ist im Kopf.
    Der Kopf ist in der Welt.
    Beide Sätze sind gleich wahr - und gleich einseitig.

  • #2

    Ich hab' mich gerade fast schlapp gelacht....
    Wie um alles in der Welt kommt man denn auf solche Gedankengänge? Ich find's aber charmant und witzig!
    Und ab jetzt kann mich jeder Paul nennen.....

    Grüße,
    Micha.

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